Deadpool 2: Ryan Reynolds erneut als Marvel-Action-Held im Kino

Enthemmte Brutalität, fliegende Gliedmaßen: Die fast schon beiläufige Gewalt in "Deadpool 2" ist entsetzlich.
von  Florian Koch
Zazie Beetz als Neena Thurman/Domino in einer Szene des Films "Deadpool 2".
Zazie Beetz als Neena Thurman/Domino in einer Szene des Films "Deadpool 2". © Twentieth Century Fox/dpa

Klimawandel? Flüchtlingswelle? Neue Heilmethoden gegen Krebs? Fragen über Fragen, wenn es um die Zukunft der Menschheit geht. Doch was will Deadpool (Ryan Reynolds), dieser Comic-Held aus dem Marvel-Universum als erstes wissen, als er den zeitreisenden Mensch-Maschinen-Krieger Cable (Josh Brolin) trifft? "Ist Dubstep in der Zukunft noch angesagt?" Man muss diese elektronische Musikrichtung gar nicht kennen, um daraus den Stil des US-Blockbusters abzuleiten.

"Deadpool 2" arbeitet sich genau wie Teil eins an popkulturellen Referenzen ab, nahezu jede Szene, jede Geste wird so zum Zitat, verweist auf andere Hollywood-Hits. In diesem Brechtschen Film-im-Film-Verfremdungs-Spiel ist scheinbar alles erlaubt, erklärt der mit Narben übersäte Zyniker-Antiheld Deadpool dem Zuschauer sogar, "dass die Drehbuchautoren leider manchmal zu faul gewesen seien". Oder er spult eine Szene einfach zurück – wegen der ästhetischen Superzeitlupe.

Das Mittel, die vierte Wand einzureißen, den Zuschauer mitzunehmen ins krawallig-debile Abenteuer hatte im ersten Teil durchaus seinen Reiz, denn endlich wagte es mal eine Großproduktion mit der übertriebenen Ernsthaftigkeit so mancher Comic-Abenteuer zu brechen. Nun aber, in der nach einem 780 Millionen Dollar-Einspiel obligatorischen Fortsetzung, hat sich das Zitierspiel abgenutzt, fallen die Lücken in der ohnehin dünnen Geschichte schwerer ins Gewicht.

Deadpool 2: Ryan Reynolds spielt auch diesmal den Marvel-Comic-Helden

Nach einer Familientragödie gefällt sich Deadpool im Selbstmitleid, bis er als Trainee bei den "X-Men" eine neue Aufgabe findet. Nur patzt der Superheld ausgerechnet beim ersten Einsatz, landet mit dem untersetzten und frustrierten jungen Mutanten Russell (Julian Dennison) im Hochsicherheitsknast. Die Handlung kommt aber erst in Gang, als besagter Cable aus der Zukunft in die Vergangenheit reist, um den Jungen zu töten. Seine Begründung: Russell würde als Erwachsener zum Massenmörder mutieren – "Terminator" lässt grüßen.

Was nun unter dem neuen Regisseur David Leitch ("John Wick") folgt, ist eine zwar aufwendig in Szene gesetzte, aber auch geschwätzige und überlange Actionorgie. Besonders die enthemmte Brutalität, bei der auch Gliedmaßen nur so durch die Gegend fliegen, überrascht und entsetzt.

Denn im Gegensatz zu Tarantino, der Grausamkeit zwar überspitzt, aber nie teilnahmslos mit einem Achselzucken inszeniert, wird Gewalt in "Deadpool 2" geradezu als die schönste Nebensache der Welt zelebriert. Umso unerklärlicher, warum so eine selbstgefällig-geschmacklose Film-Attraktion für Kids (der erste Teil hatte über 2,5 Millionen Besucher in Deutschland) bereits ab 16 Jahren freigegeben wird.


R: David Leitch (USA, 119 Min.) Kinos: Cinema, City (beide OV), Mathäser, Cadillac & Veranda, Gloria (alle auch OV), CinemaxX, Münchner Freiheit, Gabriel Filmtheater

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