Das Mädchen aus dem Norden in der AZ-Filmkritik
Wenn wir heute Tradition und kulturelle Wurzeln so hochhalten, ist das auch ein bisschen heuchlerisch in unserer durchökonomisierten Welt, in der wir uns in unseren modernen Komfortzonen eingerichtet haben.
Aber wenn das Teenie-Rentierzüchter Mädchen Elle Marja in den 30er-Jahren aus der Indigenen-Internatsschule in Lappland abhaut, ihre Tracht ablegt und nach Uppsala geht, so ist das eben nicht nur die Flucht aus der Diskriminierung der Samen in der dünkelhaften, latent rassistischen schwedischen Gesellschaft, sondern auch eine Entscheidung für die eigene Entfaltung und gegen das Leben im Korsett der Traditionen. Aber dafür muss sie einen psychisch hohen Preis zahlen: die Verleugnung von Identität und Sprache und ein Bruch mit der Familie.
"Das Mädchen aus dem Norden" wird also Lehrerin, ihre Kinder sprechen kein Samisch mehr. Aber die Enkelin beginnt sich wieder stark für die Herkunft zu interessieren und überredet die Großmutter zur Beerdigung ihrer Schwester zu fahren, die Elle Marja vor 60 Jahren zurückgelassen hat. Es wird eine Reise von Schuld und Sühne, von Zweifel und Selbstvergewisserung. Und auch hier bleibt die Spannung zwischen Tradition und persönlicher Freiheit.
Kino: Arena (auch OmU) und Theatiner (OmU) B&R: Amanda Kernell (S/DK/N, 109 Min.)
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