Das ist doch nichts Ernstes

Ein Alt-Punk fliegt in einem Sanatorium über sein persönliches Kuckucksnest, um den "Happy Burnout" seiner Mitpatienten zu kurieren.
Andreas Fischer |
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Bild 14 zu "Happy Burnout"
2016 Thomas Kost / Warner Bros. Bild 14 zu "Happy Burnout"
"Happy" und "Burnout
" sind zwei Wörter, die man nicht unbedingt in direktem Kausalzusammenhang vermutet. Außer man heißt André Erkau ("Das Leben ist nichts für Feiglinge") und macht einen Film über einen Alt-Punk, der sich in einem Sanatorium von den Strapazen des Nichtstuns erholen muss. Es mag auf den ersten Blick eine originelle Idee sein, eine modische Volkskrankheit auf einen komödiantischen Prüfstand zu stellen. Zumal Hauptdarsteller Wotan Wilke Möhring die dafür notwendige schnoddrige Attitüde - und eine persönliche Punk-Vergangenheit - mitbringt. "Happy Burnout
" entpuppt sich nach beschwingtem Beginn aber als ziemlich oberflächliche Gag-Parade mit wenig gelungenen Anleihen an "Einer flog über das Kuckucksnest". Fussel (Möhring) lebt in seinem Kiez munter in den Tag hinein. Keine Arbeit, keine Verantwortung, kein Stress - der Mann will nicht erwachsen werden. Er muss es auch gar nicht, denn Frau Linde (Victoria Trauttmansdorff), seine Sachbearbeiterin vom Arbeitsamt
, hält ihm den Rücken frei. Bis eine interne Revision dem Müßiggang ein Ende setzt und Fussels Hartz-IV-Abo gefährdet. Weil auch Frau Linde im Visier der Wirtschaftsprüfer steht, besorgt sie Fussel ein psychologisches Attest und lässt ihn in ein Sanatorium einweisen - mit einem erfundenen Burnout-Syndrom. Ein arbeitsscheuer Punk inmitten echter Patienten, die exemplarisch für die gesellschaftliche Überforderung stehen sollen: Eigentlich ist es eine reizvolle Konstellation, die sich Regisseur André Erkau und Drehbuchautor
Gernot Gricksch ausgedacht haben. Man könnte mit einem unverstellten Blick von außen eruieren, was alles schief läuft in der Leistungsgesellschaft. Warum etwa eine Mutter von vier Kindern (Julia Koschitz) völlig überfordert ist. Oder warum einem Workaholic (Torben Liebrecht) der Strom ausgeht, einem Sonnenstudio-Betreiber (Michael Wittenborn) der Lebenswille abhanden kam und einem Puppenspieler (Kostja Ullmann
) allzu leicht die Sicherungen durchbrennen. Auch wenn man in einer Kinokomödie keine tiefgründige Analyse erwarten sollte: Die Oberflächlichkeit der Handlung und das Desinteresse an den Figuren sind ziemlich ärgerlich. In trivialen Rückblenden wird ihre Krankheitsgeschichte erzählt, und dann darf Fussel den Psychoonkel spielen. Er soll nämlich, als er beim Klinikpersonal als Simulant auffliegt, wie einst Jack Nicholson in "Einer flog über das Kuckucksnest" den Patienten neuen Lebensmut geben. Als therapeutischer Zwangsarbeiter sozusagen - sonst landet er im Knast. Nun mag Fussel mit seinem Charme und seiner Unbekümmertheit leicht Zugang zu den Patienten
finden, an seiner Aufgabe muss er freilich scheitern. Auch weil ihm das Drehbuch irgendwann selbst ein ziemlich großes Problem zuweist: Fussel hat eine Tochter, um die er sich nur kümmert, wenn er der coole Papa sein darf. Bis zur Läuterung des Widerspenstigen ist es aber nicht weit, und am Ende löst sich in einer belanglosen und ziemlich gewöhnlich inszenierten Wohlfühlkomödie alles in Wohlgefallen, einem abgebrannten Zelt und einem innigen Kuss mit der verbitterten Psychologin Alexandra (Anke Engelke) auf. Als Auseinandersetzung mit dem Thema Burnout ist die Komödie ein ziemlicher Rohrkrepierer.
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