Christian Pfeil: "Der traurigste Tag seit 15 Jahren"

Er ist die Personifizierung, die gegen das Kinosterben spricht: Christian Pfeil hat erst das heruntergekommene Kino in der Feilitzschstraße gekauft und wieder zum Blühen gebracht. Als dort Pachtvertrag wegen Abriss auslief, hat er einfach ein neues Kino gebaut – mit drei Sälen und einem Kino mit integrierter Bar: das Monopol am Nordbad. Zwischendurch hat er auch noch das jetzt 100-jährige Metropolkino im Gera saniert und zum Laufen gebracht. Aber nun?
AZ: Herr Pfeil, Ihre Kinos sind jetzt zwangsweise erst einmal für längere Zeit dicht!
CHRISTIAN PFEIL: Es ist fast schon unheimlich symbolisch: Am Montag vor genau 15 Jahren habe ich mein erstes Kino eröffnet: das Monopol in der Feilitzschstraße. Und genau am Montag habe ich jetzt alle meine Kinos schließen müssen – die vier Säle des neuen Monopol am Nordbad und das Arena in der Hans-Sachs-Straße sowie meine Kinos in Gera. Es ist der traurigste Tag seit 15 Jahren. Und ein Kino, unbeleuchtet und ohne Zuschauer: Das ist ein gespenstischer, melancholischer Ort!
Neben der Trauer gibt es ja den Horror, dass Sie weiter große Kosten haben: Pacht, Mitarbeiter...
Gegen die fälligen Pachtzahlungen kann man wenig machen. Viele Eigentümer haben ja selbst Kredite laufen, so dass die selbst nicht einfach sagen können: Zahl mal im April ausnahmsweise nichts! Beim Arena habe ich da vielleicht eine Chance, weil der Vermieter verständnisvoll ist.
Wie handhaben Sie das mit Ihren Mitarbeitern?
Im März zahle ich noch alles. Im April gilt dann Kurzarbeit. Aber man muss sich auch klar machen: Kino zu betreiben, ist eine finanziell enge Angelegenheit. Da sind die Mitarbeiter ohnehin nicht gut bezahlt. Und jetzt wird es noch schlimmer. Und: Ich selbst als Betreiber bekomme auch kein Kurzarbeitergeld, sondern muss schauen, dass die Sache nicht in Konkurs geht.
Was wäre denn eine mögliche Lösung?
Ich rede jetzt nicht für mich. Aber man muss klar sagen: Am schnellsten trifft es die Leute, denen es ohnehin wirtschaftlich nicht gut geht – also so jemanden wie meine Mitarbeiter. Man bräuchte jetzt das, was schon lange angedacht ist: ein bedingungsloses Grundeinkommen – jetzt mal zumindest für die kommenden sechs Monate.
Wie wird es weitergehen?
Das weiß ja keiner. Aber selbst wenn wir im Mai wieder aufmachen, gibt es die verrückte Situation: Das Frühjahr und die Sommermonate sind ja ohnehin schwache Kinomonate, weil die Leute viel draußen sind. Das ist ja jedes Jahr so und daher bei uns Kinobetreibern einkalkuliert – auch mit den größeren Einnahmen im Winter. Aber jetzt kommen wir aus der unkalkulierbaren Corona-Krise in die übliche Saisonkrise. Und diesen Doppelschlag werden viele Kinos nicht überleben.
Was also tun?
Einige werden es schaffen, wenn man günstige Kredite zur Verfügung stellt. Aber natürlich muss auch der wieder zurückgezahlt werden.
Und was für Filme will man dann eigentlich spielen, wenn’s wieder anläuft?
Das ist ja auch das Problem: Die Filmverleiher sind ja auch ratlos und verschieben die meisten Starts in den Herbst. Also was spielen wir – sagen wir mal optimistisch – Ende Mai? Ich denke, dass man die Filme wieder aufgreifen würde, denen jetzt durch die Schließung das Wasser abgegraben wurde: „Die Känguru-Chroniken“ oder „Narziss und Goldmund“. Ich würde vielleicht noch einmal sagen: Alle Oscar-Filme! „Parasite“ und „Joker“ zum Beispiel liefen bei mir immer noch gut. Aber da muss dann jeder Kinobetreiber eigene Ideen entwickeln. Das ist ja das Schöne: Wir machen das ja alle sehr gerne und sind kreativ!