Call Me By Your Name im Kino: Die Filmkritik

Teenager Elio liebt den etwas älteren Oliver. Werden seine Gefühle ernsthaft erwidert? Die Verfilmung des Romans "Call Me By Your Name" antwortet darauf mit erotischem Flirren. Die AZ-Filmkritik.
von  Peter Claus
Verliebt: Timothée Chalamet spielt die Hauptfigur Elio.
Verliebt: Timothée Chalamet spielt die Hauptfigur Elio. © Sony Pictures

Bisher ist Timothée Chalamet dem großen Publikum kaum bekannt. Aufgefallen ist der jetzt 22-jährige New Yorker 2012 allein den Fans des TV-Serien-Hits "Homeland" in einer Nebenrolle. Im Jahr darauf hatte er einige Schlagzeilen, als er mehrfach an der Seite von Madonnas Tochter Lourdes zu sehen war. Jetzt aber ist seine Popularität enorm gestiegen. Grund dafür ist seine Oscar-Nominierung als bester Hauptdarsteller in der Bestseller-Verfilmung "Call Me By Your Name".

Timothée Chalamet verkörpert darin den 17-jährigen Elio. Der Teenager erlebt die Sommerwochen des Jahres 1983 im Paradies auf Erden. Doch er leidet Höllenqualen. Denn seine Eltern haben den Studenten Oliver (Armie Hammer) auf ihren idyllischen Landsitz in Italien eingeladen. Elio verliebt sich in den geistreichen Fremden. Doch ist er mehr als nur das Spielzeug eines heißen Sommers?

Die von leiser Melancholie getragene Geschichte wird vor allem über Blicke und Gesten erzählt. Dazu sorgt ein intelligenter Musikeinsatz – neben für den Film geschaffenen Songs wesentlich geprägt von Kompositionen Johann Sebastian Bachs – für Eleganz. Mit der inszenierte Regisseur Luca Guadagnino ("A Bigger Splash") übrigens auch die Sexszenen.

Der Reiz der Romanze ist allgegenwärtig

Je mehr die Handlung voran schreitet, umso weniger interessiert, dass eine gleichgeschlechtliche Beziehung im Zentrum steht. Denn es werden allgemeingültige Fragen über die Schönheit und die Schwierigkeit der ersten großen Liebe beleuchtet. Für Spannung sorgt der emotionsreiche Wechsel von Anziehung und Ablehnung, Zuneigung und Zweifel im Banne flirrender Erotik.

Wesentlich für die Wirkung des Films ist das luxuriöse Ambiente der Villa mit riesigem Garten am Gardasee. Elios intellektuelle Familie samt Köchin und Gärtner wirkt gelegentlich wie das Personal einer Story aus einem Hochglanzmagazin. Und wenn Oliver mit Elios Vater, einem renommierten Archäologie-Professor, hochtrabend dessen Arbeit diskutiert, mutet das gelegentlich ein wenig aufgesetzt an.

Doch kann man sich dem Reiz der Romanze kaum entziehen. Das ist in hohem Maße den Schauspielern zu danken. Timothée Chalamet verfügt über das Können, die Zuschauer durch Mimik und Gestik in das Innere des Jugendlichen blicken zu lassen. Kenner der Filmgeschichte werden sich an Hits wie "Zimmer mit Aussicht" und "Maurice" erinnern, Meisterwerke, die in der Zeit entstanden sind, in der dieser Film spielt. Das überrascht nicht. Denn deren Schöpfer James Ivory hat "Call My By Your Name" als Ko-Produzent und Drehbuchautor seinen unverwechselbaren Stempel des kultivierten, psychologisch ausgefeilten Erzählens aufgedrückt.


Kinos: Arena, City, Cinemaxx und Museum Lichtspiele (OV). Regie: Luca Guadagnino

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