Bernhard Schütz: "Das ist so ein Manufaktum-Faschist"

In "Finsterworld" spielt Bernhard Schütz an der Seite seiner Film-Ehefrau Corinna Harfouch einen materialistischen Angsthasen. Das denkt er über seine Rolle.
(ili/spot) |
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In "Finsterworld", dem herausragenden Spielfilmdebüt der Dokumentarfilmerin Frauke Finsterwalder spielt Bernhard Schütz (54) eine Episoden-Hauptrolle. Als durch und durch materialistischer Vater, scheint er einzig zu seiner Frau (Corinna Harfouch) ein mehr oder weniger enges Verhältnis zu haben - um die eigene Mutter und den eigenen Sohn sollen sich dagegen lieber andere kümmern. Der mehrfach ausgezeichnete Film läuft seit Donnerstag in den deutschen Kinos.

Auch im Kult-Film "Herr Lehmann" hat Bernhard Schütz schon mitgespielt - hier gitb es die DVD

Die Nachrichtenagentur spot on news hat mit dem gebürtigen Leverkusener über seine Rolle und die vielen Märchenmotive im Film gesprochen, aber auch darüber, warum Tierdokus ideal sind für Kontrollfreaks.

Herr Schütz, in "Finsterworld" spielen Sie einen luxusverwohnten Familienvater. Was halten Sie von ihm?

Bernhard Schütz: Für mich ist das so ein Manufaktum-Faschist, der sich nur über Distiktionsgewinne definiert und dafür interessiert, ob die Meilen gut geschrieben werden. Darüber vergisst er vollkommen, dass er sich um seinen Sohn, seine Mutter kümmern sollte. Er und seine Frau sind eher Comicfiguren, die über eine Klippe gehen und dann noch eine Zeit lang weitergehen. Erst als sie herunterschauen, bemerken sie, dass sie eigentlich verloren sind.

Warum wird der Vater so aggressiv, als er und seine Frau den Jungen treffen?

Schütz: Der Junge symbolisiert die unschuldige Seele, die naiv und ohne Sünde durch die Welt spaziert. Plötzlich trifft er wie im Märchen auf die bösen Ritter in Gestalt der beiden Erwachsenen, die böse Absichten haben sowie ein Leben hinter sich, eine Bitterkeit und Aggressivität haben.

Das Verhältnis zu seinem eigenen Sohn und seiner Mutter ist ebenfalls nicht optimal. Warum?

Schütz: Er führt ein Leben in Surrogaten: Kaffee ohne Koffein. Liebe ohne Zuneigung. Keine wirklichen Begegnungen, kein wirkliches Interesse an dem anderen Menschen.

Sein Sohn nimmt das als Entschuldigung für das eigene herzlose Verhalten. Sind die Eltern immer verantwortlich?

Schütz: Ich bin ein großer Anhänger von dem Modell Burkina Faso, wo die Kinder innerhalb des Dorfes sozusagen adoptiert werden. Sie werden dann zum Beispiel vom Onkel erzogen. Das ist ein ganz gutes Prinzip, weil das eigene Fleisch und Blut ja oft der Ursprung allen Übels ist.

So überträgt man auch nicht die eigenen Wünsche, Ziele und Ängste auf das Kind.

Schütz: Absolut. Ich habe einen Sohn angenommen, den kenne ich seit er eineinhalb Jahre alt ist - jetzt ist er 20. Und ich finde, es ist ein Vorteil, weil man die Dinge, die man dann als Vater macht, bewusst macht. Man gibt nicht einfach weiter, was man selbst erlebt hat.

Was ist Ihnen bei der Erziehung wichtig?

Schütz: Dass man sich füreinander entscheidet, Zeit miteinander verbringt und versucht, etwas zusammen zu erleben.

Einige Kinder im Film finden, dass ein KZ-Besuch heutzutage Zeitverschwendung ist.

Schütz: Mein Besuch in Dachau wirkt bis heute nach. Es ist für mich genauso müßig wie über die Frage nachzudenken, ob es Gott gibt. Es gehört einfach zum Leben dazu, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Die Frage der Vermittlung ist etwas komplett anderes. Meine Lehrer waren Nazis, das ist heute nicht mehr so.

Der Film greift das Thema ohne moralische Wertung auf.

Schütz: Ja, dafür wieder mit einem starken Märchenmotiv: Die Hexe wird in den Ofen geschoben.

Ein anderes interessantes Thema in "Finsterworld" ist der Umgang mit den Älteren in der Gesellschaft. Was ist das Problem?

Schütz: Das Ehepaar im Film hat einfach Angst vor dem Tod. Diese versuchen sie zu verdrängen, indem sie immer noch mehr Produkte kaufen und sich damit ablenken von den wesentlichen Momenten.

Haben Sie sich schon mit dem Tod beschäftigt?

Schütz: Ich habe meine Eltern in den Tod begleitet. Alles alleine machen zu müssen, geht allerdings kaum. Daher war froh ich, dass es ambulante Hilfsangebote und Palliativmedizin gibt. So konnten wir vier Geschwister uns die Besuche, Spaziergänge oder kleinen Ausflüge aufteilen, die sonst nicht stattgefunden hätten.

Der Mann im Plattenbau hat keine großen Ziele, Pläne, Wünsche und ist zufrieden mit Tier-Dokus. Die Doku-Filmerin, die eigentlich seine Tristes aufnehmen will, wirkt da wesentlich unzufriedener. Woher kommt das?

Schütz: Ja, es kann durchaus reizvoll sein, einfache Dinge zu tun, statt sich immer wieder neu auszubeuten.

Warum schauen Männer gerne Tierdokus?

Schütz: Ich glaub, das ist die totale Kontrolle (lacht).

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