Barbenheimer: Wie zwei Filme im Jahr 2023 die ganze Kino-Branche retteten

"Barbie"-Hype in Deutschland und den USA sowie ein komplexen Dreistunden-Epos über den "Vater der Atombombe": Eine Bilanz des Filmjahres.
von  Adrian Prechtel
In diesem Jahr sind wieder mehr Menschen ins Kino gegangen. Allerdings wurde das Vor-Corona-Niveau von 2019 noch nicht erreicht.
In diesem Jahr sind wieder mehr Menschen ins Kino gegangen. Allerdings wurde das Vor-Corona-Niveau von 2019 noch nicht erreicht. © Hannes P. Albert/dpa

Der Oscar? Da sind wir schon in der neuen Runde. Aber es lohnt sich ein Rückblick auf die 95. Verleihung am 12. März im Dolby Theatre in Los Angeles. Denn da war ein Mann aus Deutschland im Blitzlichtgewitter, dessen Name zuvor gar nicht so bekannt war: Edward Berger.

Edward Berger gewann am 19. Februar den Britischen Filmpreis als bester Regisseur für "Im Westen nichts Neues".
Edward Berger gewann am 19. Februar den Britischen Filmpreis als bester Regisseur für "Im Westen nichts Neues". © IMAGO/UPI Photo

Dessen freie Verfilmung des Antikriegsromans von Erich Maria Remarque "Im Westen nichts Neues" gewann in den Kategorien Beste Kamera, Bestes Szenenbild, Beste Filmmusik – und eben als Bester internationaler Film und war sogar zusätzlich noch in der Königsdisziplin als Bester Film nominiert gewesen.

Das Kino meldet sich zurück: Die Pandemie ist endlich vorbei

Den Erfolg als bester internationaler Film hatte Deutschland das letzte Mal 2007 mit "Das Leben der Anderen" gehabt und davor mit Caroline Link "2003 mit "Nirgendwo in Afrika". Und auch wenn man das Wort "Corona" nicht mehr hören kann: 2023 war das erste Jahr nach der Krise, in dem auch das Kino wieder an die Erfolge vor der Pandemie anknüpfen konnte. Das ist vor allem zwei Filmen zu verdanken, die allein deshalb herausragend sind, weil sie nicht der zigste Fortsetzungsteil einer bereits erfolgreichen Kinoserie waren.

Es waren echte, neu ins Kino gebrachte Stoffe. Wobei die leicht exzentrische amerikanische Schauspielerin und Regisseurin Greta Gerwig mit "Barbie" natürlich auf eine bekannte Spielzeugmarke gesetzt hatte. Margot Robbie spielte also das seit den 60er Jahren umstrittene weibliche Rollenklischee – blond, geschminkt, mit langen Beinen. Aber Gerwig bürstete das bekannte Bild etwas emanzipierter gegen den Strich, degradierte Ken (Ryan Gosling) zur Trophäe und bediente dann aber doch wieder die sexy Illusion der konsumversessenen Puppe, so dass alle alles in den Film projizieren konnten. "Barbie" spielte für die Warner Bros. 1,44 Milliarden Dollar ein, sechs Millionen Zuschauer hatte er allein in Deutschland.

Barbie-Darstellerin Margot Robbie mit der pinken Regisseurin Greta Gerwig im Juli.
Barbie-Darstellerin Margot Robbie mit der pinken Regisseurin Greta Gerwig im Juli. © IMAGO/MediaPunch

"Barbie" gegen "Oppenheimer": Puppe gegen Atombombe

Anfangs ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferte sich die Mattel-Puppe mit einem Stoff, der weitaus härterer Tobak ist: der Lebensgeschichte des "Vaters der Atombombe", des schillernden Charakters Robert Oppenheimer, gespielt von Cillian Murphy, inszeniert von Christopher Nolan. Ergebnis: weltweit knapp eine Milliarde Dollar, über vier Millionen deutsche Zuschauer – und das bei einem komplexen Dreistunden-Epos. Die Medien hielten den Hype lange am Laufen, indem das Konkurrenz- und Kinorettungs-Duo "Barbie" und "Oppenheimer" ein eigenes Label verpasst bekam: "Barbenheimer".

Christopher Nolan (links) mit seinem Darsteller von Robert Oppenheimer Cillian Murphy.
Christopher Nolan (links) mit seinem Darsteller von Robert Oppenheimer Cillian Murphy. © IMAGO/Avalon.red

Übrigens konnte Deutschland filmisch in diesem Jahr nach der Oscarnacht noch auf Weiteres stolz sein: bei den Europäischen Filmpreisen wurde – nach "Toni Erdmann" – endlich auch die gebürtige Thüringerin Sandra Hüller als Darstellerin gefeiert – in "Anatomie eines Falls", einem französischen Film, in dem sie eine Deutsche spielt, die ihren Mann ermordet haben könnte.

Sandra Hüller, Schauspielerin, präsentiert ihre Auszeichnung in der Kategorie "European Actress" für den Film "Anatomie eines Falls" bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises.
Sandra Hüller, Schauspielerin, präsentiert ihre Auszeichnung in der Kategorie "European Actress" für den Film "Anatomie eines Falls" bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises. © picture alliance/dpa

Und dann räumte beim Deutschen Filmpreis – natürlich neben "Im Westen nichts Neues" – das Drama "Das Lehrerzimmer" ab: Bester Film, Beste Regie (Ilker Çatak), Bestes Drehbuch, Beste weibliche Hauptrolle (Leonie Benesch), Bester Schnitt. Der Siegeszug seit der Berlinale im Februar hält an – und könnte sich international noch ausweiten als "The Teacher's Lounge".

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