AZ-Kinokritik: "Vaiana" - Abenteuerliches Wellenreiten

Was ist Romantik? Letztlich ein melancholisch verklärender Blick. Wenn Disney sich in seinem vorweihnachtlichen Animationsfilm der Südsee zuwendet, spielt die Geschichte in unbestimmter, paradiesischer Zeit. Heutig ist die – mittlerweile traditionelle – Fokussierung auf eine weibliche Heldin: eine Häuptlingstochter, die sich emanzipiert auf Abenteuerreise begibt. Es ist also keinen Jungen mehr, der aus- und aufbricht, um Heldentaten zu vollbringen, sondern ein vorpubertäres Mädchen.
So verzichtet Disney auch auf eine Liebesgeschichte. Statt eines Prinzen ist ein Halbgott beigeordnet: Maui. Er ist ein weiterer Grund, weshalb "Vaiana" ein Mädchenfilm ist. Denn trotz größter Kräfte und sympathischem Charakter eignet sich dieser Maui nicht als Identifikationsfigur für Jungs: Er ist nur nett dümmliches Beiwerk.
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Ein Gag: Seine Tattoos erwachen zum Leben und erzählen mythische Geschichten – ein lustiges Selbstzitat Disneys. 1997, beim Halbgott "Herkules", waren es gemalte Figuren auf Amphoren, die von seinen Heldentaten berichteten.
Natürlich ist in diesem Disneyfilm optisch alles perfekt, bis hin zu fantastisch gischtigen Wellen in 3D. Auch ethnologische Erkenntnisse sind verantwortungsvoll eingearbeitet. Was aber überrascht ist die dramaturgische Schludrigkeit: Denn fragt man sich am Ende, was die eigentliche Mission von Vaiana war, kommt man ins Stolpern: Irgend ein Stein, der irgendwohin zurückgebracht werden musste? Und selbst diese Geschichte verliert sich gegen Ende in einem übertriebenen Abenteuergetümmel und Kampf mit einem gruseligen Lava-Monster. Dabei hatte der Film wunderbar realistisch und lebensnah auf Vaianas paradiesischer Heimatinsel begonnen.
Von hier bricht Vaiana auf, weil klimatisch bedingte Missernten und ein Fischsterben ihr Volk bedrohen. Aber die Disney-Macher waren dann doch zu feige, die Gefährdung der "letzten Paradiese der Menschheit" durch unsere Zivilisation und ökologischen Verfehlungen zu benennen. Donald Trump kann seine Freude an "Vaiana" haben.
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So bleibt der Film für uns westlich-überzivilisierte Zuschauer eine nette, fantastisch animierte Geschichte eines Mädchens, das sich abenteuerlich aus der Komfort-Zone bewegen muss, um sich von den Eltern zu emanzipieren.
Das alles ist nicht wenig, aber an Ebenen eben auch nicht viel. Und selbst die sonst so berühmten Disney-Song-Ohrwürmer sind hier mit ihren deutschen Texten etwas bemüht und holprig.
Kino: Solln sowie Mathäser und Cinemax (auch 3D), Royal (3D), Museum (OV), Cinema (OV, 3D) Regie: John Musker / Ron Clements (USA, 107 Min.)