AZ-Filmkritik zu Live By Night von Ben Affleck

"Live By Night", ein maßlos überfrachteter Gangsterfilm von und mit Ben Affleck.
von  Gabriele Summen
Ben Affleck spielt die Hauptrolle in "Live By Night."
Ben Affleck spielt die Hauptrolle in "Live By Night." © Warner / C. Folger

Das Highlight in dem Epos über Joe Coughlin sind die drei Frauen in seinem Leben: Ihnen gelingt es, der widersprüchlichen Figur des gebrochenen Ex-Soldaten, gespielt von Regisseur Ben Affleck, zumindest ein wenig Leben einzuhauchen.

In den Szenen mit Joes erster Liebe Emma Gould (herausragend: Sienna Miller) bekommt der Zuschauer eine Ahnung davon, was für ein vielschichtiges Gangsterepos Affleck eigentlich erzählen wollte. Hervorragend ist auch Elle Fanning als Tochter eines Polizeichefs. Und die dritte Frau, Zoe Saldana als Joes kubanische Geliebte und spätere Ehefrau, schafft es, dem ansonsten zurückgenommen Charakter Tiefe zu verleihen. Doch, ach! Den Damen wird viel zu wenig Leinwandzeit zugestanden.

Ein noch größeres Problem ist, dass Affleck zu viel erzählen will. Es geht Schlag auf Schlag. In der großartig in Szene gesetzten Zeit der Prohibition in Boston hält sich Joe mit kleinen Verbrechen über Wasser. Er verliebt sich in Emma Gould, die Mätresse des Gangsterbosses Albert White. Sie beschließen, gemeinsam zu fliehen, ein letzter Bankraub soll ihnen den Neustart ermöglichen.

Lesen Sie hier die AZ-Kritik zu "The Salesman": Stolz und Selbstjustiz

Doch alles geht schief, und nach einer wilden Verfolgungsjagd mit der Polizei sind drei Polizisten tot. White kommt hinzu, um seine persönliche Schmach zu rächen, erwischt allerdings nur Emma. Joe dagegen wandert für drei Jahre in den Knast.

Nach seiner Entlassung will er den Mord an seiner Geliebten vergelten und heuert bei Whites Widersacher an, dem italienischen Mafiaboss Pescatore (Remo Girone). Dieser schickt Joe nach Florida, wo er sein Rum-Imperium gegen White verteidigen soll. Vor Ort arrangiert sich Joe mit dem Sheriff (Chris Cooper) und lernt dessen Tochter Loretta kennen, die sich als heroinabhängige Prostituierte verdingt, aber nach Hollywood will.

Zu diesem Zeitpunkt ist erst ein Viertel des Films vorbei, nebenbei wurde extrem viel geredet. Der Zuschauer wird erschlagen mit Informationen, er hat kaum Zeit, sich über die Kostüme zu freuen, die gute Kameraarbeit, die detailreichen Kulissen. So kann man wenig Interesse aufbringen für Joes Aufstieg zum Mafiaboss. Der versucht seinen eigenen Moralkodex aufrechtzuerhalten und bringt doch immerzu Menschen um. Ein schwaches Gangster-Epos.


R: Ben Affleck (USA, 129 Min.)

Kinos: Gloria, Leopold, Mathäser, Museum-Lichtspiele

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