AZ-Filmkritik: The Guilty - Geniales Kopfkino

Der Polizist in einer Notrufzentrale redet und redet – und das ist extrem fesselnd.
Margret Köhler |
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Jakob Cedergren trägt den Film völlig allein.
Nikolaj Moller Jakob Cedergren trägt den Film völlig allein.

Nordische Düsternis und fesselndes Kopfkino, das sich in die Seele des Betrachters frisst: Der Debütfilm des in Dänemark lebenden Schweden Gustav Möller ist eine fulminante Mischung aus psychologischem Thriller und minimalistischer Charakterstudie, sie nimmt den Atem. Da sitzt der in den Innendienst verbannte Polizist Asger Holm in der Kopenhagener Notrufzentrale und redet und redet. Und das langweilt keine Sekunde.

Der Abend beginnt routinemäßig. Gekonnt wimmelt er die Gestrandeten der Nacht ab, ob einen Typen unter Drogen, einen im Rotlichtmilieu Bestohlenen oder eine betrunkene Frau, die einen Krankenwagen fordert, weil sie mit dem Rad gestürzt ist. Und dann, kurz vor Ende seiner Schicht, ist da ein zartes, verzweifeltes Stimmchen in der Leitung, das flüstert, entführt zu sein.

Thriller und Kammerspiel zugleich

Nach und nach lockt er weitere Informationen aus der Anruferin heraus, versucht, etwas über sie und den Kidnapper zu erfahren – ihr vorbestrafter Ex-Gatte wie sich herausstellt. Man sieht diese Iben nie, auch nicht ihren Mann oder die Kinder daheim, man hört nur die Stimmen am Telefon, das Weinen eines kleinen Mädchens, männliche Äußerungen und immer wieder diese von Todesangst gejagte Frauenstimme.

Die Kamera richtet sich in dem Kammerspiel auf engem Raum immer wieder auf das Gesicht des Polizisten, der mit Headset am Computer sitzt und mit Schweiß auf der Stirn versucht, das Auto zu orten, Einsatzkräfte organisiert und sich in den Fall festbeißt, als ob er eine Mission erfüllen müsste. Er will nicht nur vermitteln, sondern helfen und weiß bald nicht mehr, was Wahrheit ist und was Lüge.

Großartige One-Man-Show

Die Adrenalin-geladene Tragödie baut sich in beklemmender Atmosphäre langsam auf. In dem verwirrenden Mosaik mit vielen Fragmenten, die nicht zusammen passen wollen, kreist am Ende alles um Moral und Schuld. Da will Asgar Leben retten, während sein eigenes gerade in Stücke zerbricht. Er verknüpft das Schicksal dieser fremden Frau, mit seiner persönlichen Situation, will etwas gut machen, quält ihn doch die Schuld, einen Unschuldigen durch die Polizeiwaffe getötet zu haben.

Neben einigen manchmal auftauchenden Kollegen, ist nur der schwedische Schauspieler Jakob Cedergren mit vielen Close-Ups im Bild und liefert in Echtzeit eine großartige One-Man-Show, ein Getriebener im Wechselbad der Gefühle.


Kinos: Atelier, Mathäser, Monopol (auch OmU), R: Gustav Möller (DK, 88 Min.)

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