AZ-Filmkritik: Kinoneustart von „Welcome to Norway“ zum Thema Asyl

Die rabenschwarze Tragikomödie „Welcome to Norway“ bietet einen satirischen Blick auf die „Asylindustrie“.
Margret Köhler |
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Primus (Anders Baasmo Christiansen) hat längst etwas gewonnen, worauf er gar nicht aus war: einen Freund in Abedi (Olivier Mukuta).
Neue Visionen Filmverleih Primus (Anders Baasmo Christiansen) hat längst etwas gewonnen, worauf er gar nicht aus war: einen Freund in Abedi (Olivier Mukuta).

Sich eine goldene Nase mit Flüchtlingen verdienen, Kohle aus der Staatskasse abholen oder einfach privat abzocken: Eine ganze „Asylindustrie“ schlägt Profit aus der Krise. Nicht nur in Deutschland. Auch in Norwegen, wo die Ausländerbehörde auf Privatunternehmen setzt, wittert so mancher das große Geschäft mit dem Leid der anderen.

Eine Flüchtlingsunterkunft als Goldgrube?

So glaubt auch Primus, der naive Verlierer in einer auf Effizienz gebürsteten Gesellschaft, eine Goldgrube entdeckt zu haben. Warum nicht sein angeranztes Hotel im verschneiten Nirgendwo als Flüchtlingsunterkunft nutzen, um sich mit Subventionen finanziell zu sanieren? Während Frau und Tochter den Kopf schütteln, wird schon die erste Busladung Menschen aus aller Herren Länder angekarrt, obwohl Türen, Heizung und Strom fehlen. Zu allem Übel streiten sich Christen und Moslems, teilen Sunniten und Schiiten kein Zimmer und die Kommune verlangt Sprachkurse und einen „Kooperationsrat“, sonst gibt’s keine Unterstützung. Dem selbst ernannten „Manager“ hilft der organisatorisch fixe und optimistische „Neger“ Abedi aus Eritrea, der seine Leidensgenossen aber auch nicht davon abhalten kann, ihr neues Zuhause auf Transparenten mit Guantánamo zu vergleichen, gefrorenes Tiefkühlbrot und vergammelten Fisch lautstark zu verweigern, aber dafür schnelles Internet, Playstations und Fernseher zu fordern.

Inzeniertes Chaos mit Witz und wenig Milde

Rune Denstad Langlo lässt in dieser charmanten Tragikomödie weder Einheimische noch Schutzbedürftige ungeschoren, überspitzt Charaktere und Situationen, spielt mit Vorurteilen und schlimmsten Klischees, pfeift auf Political Correctness und garniert das nicht zu bändigende und stilsicher inszenierte Chaos mit rabenschwarzem Witz und einem Quäntchen Milde.

Sogar der Rassist Primus erhascht noch ein bisschen Sympathie, vor allem, wenn er sich am Ende vom Saulus zum Paulus wandelt, Mitgefühl zeigt und Toleranz und Respekt nicht mehr nur für Gutmenschen-Kram hält. Anders Baasmo Christiansen mimt den überforderten Möchtegern-Chef nordisch-spröde, der auch schon mal mit der Sozialarbeiterin ins Bett steigt, wenn's der guten Sache dient. Eine Entdeckung ist der aus dem Kongo stammende Olivier Mukuta (selbst einst „Quotenflüchtling“) als nicht ganz selbstloser Helfer und geheimnisvoller Fremder. Was am Anfang komisch und poltrig daherkommt, entpuppt sich als herzerwärmende Geschichte von Menschlichkeit, Freundschaft und Vertrauen.


Kino: Arena, Arri, Leopold, Maxim, Breitwand Gauting, Seefeld Regie: Rune Denstad Langlo (Nor., 95 Min.)

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