AZ-Filmkritik: Dogman - Der Held als geschundene Kreatur

"Dogman" ist eine grandiose Parabel über Gewalt, Unterdrückung und Widerstand.
Adrian Prechtel |
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Marcello Fonte spielte vorher nur wenige kleine Rollen und arbeitete als Hausmeister in einem Sozialzentrum, in dem sich Ex-Häftlinge aufhielten. Unter ihnen suchte Regisseur Matteo Garrone nach Darstellern – und entdeckte dabei Fonte. Für seine grandiose Leistung als Hundefriseur in "Dogman" gewann er in Cannes die Goldene Palme.
gewann er in Cannes die Goldene Palme.
G. De Lazzaris/Alamode Marcello Fonte spielte vorher nur wenige kleine Rollen und arbeitete als Hausmeister in einem Sozialzentrum, in dem sich Ex-Häftlinge aufhielten. Unter ihnen suchte Regisseur Matteo Garrone nach Darstellern – und entdeckte dabei Fonte. Für seine grandiose Leistung als Hundefriseur in "Dogman" gewann er in Cannes die Goldene Palme. gewann er in Cannes die Goldene Palme.

Als es um die Bebilderung slumartiger Beton-Vorstädte Neapels als Brutstädte der Camorra ging, vertraute der Autor und Anti-Mafia-Aktivist Roberto Saviano die Verfilmung Matteo Garrone an. Sofort fand dieser Regisseur für "Gomorrah" Bilder, die genauso viel erzählten wie die Schauspieler.

Jetzt, für "Dogman", hat sich Garrone gar nicht allzu weit von seiner Saviano-Verfilmung entfernt. Neorealistisch wird ein hässliches Süditalien voll prekärer Verhältnisse gezeigt. Halbruinöse Billigwohnblöcke ragen in den schmutzigen Strand, der hier nicht belebend schön ist, sondern grau. Im Sand: ein trostloser Spielplatz und viele Hunde.

(Wie) Wehrt man sich gegen Tyrannen?

Hier arbeitet Marcello (Marcello Fonte) als Hundefriseur und -pfleger, der sich auch um die ausgesetzten Tiere kümmert und den Straßenkötern Zuneigung und so etwas wie Würde gibt. Der Hunde-Samariters ist selbst eine kleine Randfigur. Zwar geht es in "Dogman" nicht um die Mafia, aber hier tyrannisiert ein hünenhafter, kokainsüchtiger Schläger (Edoardo Pesce) die kleinen Händler und spelunkigen Spielhallen, ja den ganzen Stadtteil.

Und die permanente moralische Frage ist: Wehrt man sich? Wie weit macht man mit in diesem Terrorsystem aus Einschüchterung und Gewalt, das funktioniert, weil keiner den Märtyrer geben will und alle nicht den Mut haben, sich zusammenzuschließen?

"Dogman" betrifft uns alle

Man kann "Dogman" als Parabel lesen, die uns alle betrifft. Ab wann würden wir riskieren, Widerstand zu leisten? Im Film zwingt der Tyrannen-Hüne den sanften, gutmütigen Marcello zu Handlangerdiensten. Der geht nach einem Überfall aus Angst unschuldig ins Gefängnis, wagt dann aber verzweifelt einen Befreiungsschlag – und wird wie in "High Noon" als grausam zugerichteter Westentaschen-Gary-Cooper von Gott und der Welt allein gelassen.

Das alles ist – betrachtet man die gesellschaftliche und polizeiliche Hilflosigkeit gegen den Einschüchterungsterror – auch politisch. Aber vor allem ist "Dogman" eine radikale Geschichte, klassisch und klar mit packenden Bildern erzählt. Großes, bewegendes Kino.


Kinos: Theatiner (OmU), Monopol (auch OmU), Münchner Freiheit, Atelier, R: Matteo Garrone (I/F, 99 Min.)

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