Aufreißer mit Gewissensbissen

Vorhersehbar, aber nicht blöd: Der stark besetzte Jugendfilm „Heiter bis wolkig”
von  Adrian Prechtel

7Der Film ist sentimentaler Betroffenheitskitsch! Nein, er hat echte Gefühlsgröße! Die Wahrheit über „Heiter bis wolkig” liegt irgendwo in der Mitte. In einer Kölner Großkantinen-Kochkollegen-WG – es muss nicht immer München sein! – sind die beiden Jungstars Max Riemelt als Tim und Elyas M’Barek als Can auf ständiger Aufreißtour, wobei sie sich die Frauen gegenseitig zuspielen. Ziel: „Eine Frau zu kriegen, die so schön ist, dass sie nur aus Mitleid mit dir schlafen würde.” Also zieht der skrupellosere Macker (der Türke) eine krasse Show ab: „Mein Freund hat Bauchspeicheldrüsenkrebs…” Und wirklich, Marie (Anna Fischer) nimmt ihn mit. Aber in der Wohnung ist noch eine andere Frau, die Schwester (Jessica Schwarz), die aber hat wirklich Krebs – im Endstadium. Und es wird diese Konfrontation sein, die katalysatorisch alles ändert.

Nimmt man diesen Film unter die Lupe, ist alles in vorhersehbarer Glattheit durchkonstruiert: Tim (zum edleren Rittertum erst eher gezwungen, dann aber von Herzen) bleibt lange sauber, um für Marie, die Reine, reif zu sein. Er wird „vom großen Jungen, mit dem man viel Spaß haben kann”, zum Jungen, der Verantwortung übernimmt.

Aus zwei Aspekten zieht der Film von Marco Petry seine Spannung: Aus der Frage, wie Tim aus seiner Mitleids-Krankheitslüge wieder rauskommt, und wie der Film den Tod der Schwester löst.

Letzteres Problem ist auffallend ungeglättet gelungen, da Jessica Schwarz der Sterbenden unheimlich viele Facetten geben kann: verzweifelt, abgebrüht, frustriert, aggressiv, dann aber wieder weise durch die Todesnähe, aber niemals wirklich sympathisch. Auch die alles zerstörende Anmachlüge wird nicht einfach verzeihend weggeknutscht. Das beides macht den Film packend tief. Und dass es letztlich doch wieder die Frauen sind, die die Männer zum Handeln treiben, ist entweder Zug des postfeministischen Zeitgeists oder vielleicht auch ewige Wahrheit.

So ist „Heiter bis wolkig”, in dem auch das Wetter immer richtig mitspielt, ein reifer Jugendfilm mit packenden Schauspielern. Mädchen werden Jungs reinschleppen, um die charakterstark spielenden Riemelt und M’Barek zu sehen, Jungs werden männlich glaubwürdige Rollenbilder gezeigt bekommen, abseits jeglicher pubertärer Dauerblödelei. Und das ist viel wert.

Kino: Cadillac, CinemaxX, Mathäser R: Marco Petry (D, 100 Min.)

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