Arthur Brauner bekommt Preis auf dem Filmfest München

Der letzte deutsche Film-Mogul: Ehrenpreis der Interfilm-Akademie an Arthur Brauner auf dem Filmfest München.
Margret Köhler |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Curd Jürgens machte aus Arthur "Atze": Arthur Brauner bei der Premiere des Vilsmaier-Films "Der letzte Zug" mit dem damaligen Bahn-Chef Hartmut Mehdorn.
dpa Curd Jürgens machte aus Arthur "Atze": Arthur Brauner bei der Premiere des Vilsmaier-Films "Der letzte Zug" mit dem damaligen Bahn-Chef Hartmut Mehdorn.

München - "Wahrscheinlich höre ich Ende 2019, Anfang 2020 auf", sagt Artur Brauner ganz erst. Am 1. August wird er 99 Jahre. Am Anfang stehen oft Legenden: Um seine Firma zu gründen, verkaufte er den Pelzmantel seiner Mutter. Als Produzent prägte er seit 1946 mit seiner Central-Cinema-Compagnie – kurz CCC-Filmkunst – das deutsche Nachkriegskino. Er ist der letzte deutsche Film-Mogul. Morgen, Samstag, ehrt ihn die Interfilm-Akademie mit dem Ehrenpreis für sein Lebenswerk. Sollte er es aus gesundheitlichen Gründen nicht nach München schaffen, schickt er eine Videobotschaft.

Brauner steht als Symbol für den deutschen Unterhaltungsfilm der 50er und 60er Jahre – und ging dann aber auch künstlerisch weit darüber hinaus. Der 1919 in Lodz geborene Sohn eines Holzhändlers musste während des Krieges vor den Deutschen in die Sowjetunion fliehen. Ein Großteil seiner Familie verlor in KZs ihr Leben. Aber Brauner wanderte nicht in die USA aus, sondern produzierte 1948 seinen ersten Film: "Morituri", eine Auseinandersetzung mit der damals jüngsten Geschichte.

Aber die Deutschen wollten damit nicht konfrontiert werden. Durch den kommerziellen Misserfolg ließ er sich nicht entmutigen, baute 1949 in Berlin-Spandau in den folgenden zwei Jahrzehnten national und international begehrte Filmstudios. Mehr als 250 Filme hat er seitdem produziert, in seinen Studios entstanden zusätzlich über 500 Filme, darunter auch Hollywood-Produktionen. Karl-May-Verfilmungen und Edgar-Wallace-Adaptionen brachten Butter aufs Produzentenbrot, der pragmatische Brauner zeigte keine Berührungsängste vor Schlager-, Heimat- oder Sexfilmen. Aber auch der unvergessliche Fritz Lang drehte für die CCC, Harald Reinl und Robert Siodmak, sogar das Enfant terrible Russ Meyer verirrte sich nach Berlin. Das Geschäft brummte.

Wie er das schaffte? "Ich glaube, es lag an der damaligen Aufbruchsstimmung bei den Mitarbeitern und meiner energiegeladenen Leistung von 18 bis 20 Stunden an sieben Tagen die Woche". Mabusefilme entpuppten sich in den 60er Jahren als Kassenmagnet, Stars wie O.W. Fischer, Maria Schell, Sonja Ziemann oder Heinz Rühmann gehörten quasi zum "Inventar".
Als Curd Jürgens ihm sagte "Du bist jetzt so ein eingefleischter Berliner, da nenn‘ ich dich Atze", empfand er das als "eine Art Ritterschlag". Dass später Regisseure des "Neuen Deutschen Films" wie Rainer Werner Fassbinder ihn mit "Opas Kino" personifizierten, steckt er im Nachhinein weg, er habe eben keine Zeit für lange Diskussionen gehabt.

Auf zwei Filme ist er besonders stolz, Axel von Ambessers Klassiker "Der brave Soldat Schwejk" (1960) und Agnieszka Hollands "Hitlerjunge Salomon" (1989), beide mit dem Golden Globe ausgezeichnet. Dass der letztgenannte Film von der deutschen Auswahlkommission nicht für den Oscar eingereicht wurde, wurmt ihn immer noch: "Ich weiss nicht, wie es zu diesem Eklat kommen konnte. War es Neid? Man hat uns schlicht und einfach den Oscar geraubt. Denn aus Los Angeles wurde mir signalisiert, dass unser Film die besten Chancen habe".

Auf Brauners Produktionsliste stehen beeindruckende Werke "gegen das Vergessen", darunter István Szabós "Hanussen"(1988) mit Brandauer über den Helleseher und Magier,

Michael Verhoevens "Die weiße Rose" (1982), "Babij Jar" (2003) über das Massaker an 33000 Juden bei Kiew oder Joseph Vilsmaiers und Dana Vávrovas "Der letzte Zug" (2006) über die Verschleppung von Juden nach Auschwitz kurz vor Kriegsende.

Seine Autobiographie heißt "Mich gibt‘s nur einmal". Das mag selbstherrlich klingen, aber er ist stolz auf seine Ecken und Kanten. Für seine eigenwilligen Vertragsverhandlungen berüchtigt, musste er auch einige Prozesse ausfechten. 2008 wollte er sein Imperium durch die Gründung einer "Vereinigung zur Bekämpfung der Heuschreckenplage" vor den Banken retten, die ihm im Nacken saßen. Den Stab hat der Mann mit dem Menjou-Bärtchen inzwischen an seine Tochter Alice übergeben.
Auf sein Lebenswerk schaut die Produzentenlegende zufrieden zurück. "Schon mit sechs Jahren liebte ich das Kino und konnte mir nur eine Zukunft mit dem Film vorstellen. . Es gibt nur zwei hoch interessante Bereiche: Filme zu produzieren und das Universum zu studieren."


Preisverleihung: morgen, Samstag, 13 Uhr, Black Box. Im Anschluss läuft im Rio der Dokumentarfilm "Marina, Mabuse und Morituri" über 70 Jahre deutsche Filmgeschichte mit Publikumsgespräch.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.