Alt werden wir morgen

Wieso sollte man sich als Senior im betreuten Wohnen wieder behandeln lassen wie ein Kind im Kindergarten? Diese Rentner haben eine Abneigung gegen Reglementierungen.
Claudia Nitsche |
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Bekanntschaft Nelly (Josiane Pfeiffer) überrascht Lull (Pol Greisch).
Camino Bekanntschaft Nelly (Josiane Pfeiffer) überrascht Lull (Pol Greisch).
Ältere Herren haben den Ruf, gerne zu nörgeln. Das stimmt, und manche sind sogar richtige Quertreiber, können sich nicht anpassen und werden - kaum zu fassen - aus Altenheimen geworfen. Altenheime
, so zeigt Regisseur Andy Bausch, können ein ganz besonderer Ort sein. In der luxemburgischen Erfolgskomödie mit einheimischem Starensemble versuchen einige "Alte Jungs", etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, das sie selbst schmunzelnd "so eine Art Kommune" nennen. Die Seniorenresidenz, in der Nuckes (André Jung) arbeitet, ist ein besonderer Ort. Dort laufen Deals ab wie in Frankfurt am Hauptbahnhof. Erschreckend, aber auch ganz putzig. Als Pförtner versorgt Nuckes die Menschen mit Zigaretten und Mädchen, selbst wenn das vom Geburtstagskind
zum 86. Geburtstag gar nicht gewünscht wird. Rebellen sind sie alle, die der luxemburgische Regisseur Bausch in seiner Komödie über "Alte Jungs" vorstellt. Lull (Pol Greisch) ist 82 und vermutlich Vorsitzender im Helmut-Schmidt-Fanclub. Er raucht genauso gerne und oft, wie der Altbundeskanzler es tat und will sich das auch als Rentner nicht verbieten lassen. Schon auf den ersten Blick etwas unangenehm wirkt Fons (der eigentlich sehr adrette Marco Lorenzini). Fons ist unhöflich, ungepflegt und macht unqualifizierte Bemerkungen. Wer länger mit ihm zu tun hat, kann ihn nicht leiden. Er schafft es, aus dem Altersheim
geworfen zu werden - und das nicht zum ersten Mal. Als auch Pförtner Nuckes gefeuert wird, sind die alten Jungs zunächst etwas ratlos. So eine Kommune für alle, das wäre doch was. Irgendwo in den Jungs schlummern die Rebellen von früher. Also muss ein passendes Objekt gefunden werden. Die Gartenkolonie, in der Kumpel Jängi (Fernand Fox) lebt, ist keine gute Alternative, denn die wird wohl bald abgerissen. Vielleicht ein schönes großes Haus? Auch wenn die Männer nicht ganz knapp bei Kasse sind, scheint Luxemburg ein unerschwingliches Pflaster zu sein, sodass im Verlauf der Planungen ein Besuch bei der sprichwörtlichen Erbtante auf dem Programm steht. Schluss mit dem Abstellgleis, hin zur Selbstverwaltung - leider ist die filmische Umsetzung gar nicht so einfach. Im Gegenteil, man könnte sagen, sie zieht sich gewaltig. So illuster die Schauspielriege ist, so fahrig ist die Vorstellung der Protagonisten. Am Anfang dominiert Handlungsgewirr, die Charaktere werden nur gestreift, und auch im weiteren Verlauf haben die Schauspieler
wenig Raum, ihren Figuren Tiefe zu geben. Es gibt eine Menge Nebenschauplätze mit allzu vielen Standard-Alltagsproblemen. So schließt sich Freiluft-Bekanntschaft Nelly (Josiane Pfeiffer) der Männergang an. Und auch wenn die agile Rentnerin charmant ist, stört sie doch die Männerkombo. Es schadet der Komödie, dass nichts vorwärtsgeht. Der Plan mit einem eigenen Haus ist schnell zum Scheitern verurteilt, und die Herren verzetteln sich in Kleingarten-Philosophien. Der Zuschauer wartet vergeblich auf ein amüsantes Zusammenleben, auf ein Hauen und Stechen der unterschiedlichen Charaktere. Es bleibt beim Kampf um die Unabhängigkeit. Kein "Zusammen ist man weniger allein", keine Wohngemeinschaft
im Stil von "Wir sind die Neuen". Erst spät ist der Film bereit, überhaupt Geschichten zu erzählen. Dann hat man sich allerdings an den unterdurchschnittlichen Nebendarstellern und der sich ständig verzettelnden Handlung sattgesehen. Als besonderer Gag war es gedacht, dass sich die Schauspieler selbst auf Deutsch synchronisieren. Seltsamerweise klingt das zum Teil sehr irritierend, aber das zumindest ist Geschmackssache. Teil zwei, den man vermuten darf, kann nur besser werden.
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