"A bigger splash": Quartett infernale
Natürlich haben wir Vergleichsversionen im Kopf. Aber schlecht ist dieses Remake von „La Piscine / Swimmingpool“ nicht – auch wenn Matthias Schoenaerts nicht Alain Delon ist, Tilda Swinton nicht Romy Schneider und „Shades of Grey“-Frau Dakota Johnson keine Jane Birkin.
Regisseur Luca Guadagnino hat die Vierecksgeschichte von 1969 und Saint-Tropez ins Heute und auf die süditalienische Insel Pantelleria verlegt – und eine interessante, emanzipierte Variante eingebaut: Das Hauptpaar ist hier ein jüngerer Mann (Schoenaerts) mit älterer Frau (Swinton). Das erhöht die Brisanz gegenüber dem auftauchenden Lolita-Mädchen. Denn es steigert die Angst der alternden Rocksängerin, ihren jungen Mann zu verlieren.
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Als origineller Effekt ist noch eingebaut, dass Swinton ihre Stimmbänder schonen muss und alles fast stumm verfolgt. So liegt das ungleiche Paar anfangs auch wortlos am vulkanerden-schwarzen Strand wie ein junger Adam mit einer dominanten Eva beim Sündenfall: eins mit sich und der Natur. Penetrante Unruhe kommt auf, als Harry auftaucht, gespielt von Ralph Fiennes als Midlife-Crisis-Berserker auf plattmachendem Dauerspeed und in hysterischer Virilität. Er war Swintons Ex-Manager und -Partner und hat jetzt seine Tochter fast wie eine Geliebte dabei: Inbegriff der Leugnung seines Älterwerdens.
Klug ist das Rock’n’Roll- Forever-Young-Gefühl aus Folie für unsere Gegenwart genutzt. Und selbst das Flüchtlingsthema ist als Kontrast zum dekadenten Luxus-Dolce-Far-Niente am Rande eingebaut. Und was Vergleichsversionen anbelangt: 2003 hat François Ozon schon einmal den Klassiker von 1969 aufgegriffen.
Und nach der Sichtung von „A Bigger Splash“ könnte man auch mal wieder zu Johann Wolfgang von Goethe „Wahlverwandschaften“ greifen: Da ist so ein Beziehungsgeflechts-Quartett bereits 1809 psychologisch virtuos zerlegt.
Kinos: City, Solln, Leopold, Monopol, Isabella sowie Cinema und Museum (OV) R: Luca Guadagnino (F, 125 Min)
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