King Rambo und die weiße Frau
Sylvester Stallone hievt nach "Rocky Balboa" den zweiten Helden seiner Karriere aus der Versenkung. Nun muss ein leider ruheloser John Rambo im Rentenalter nochmal ran.
Ach, eigentlich hat er sich dieses Leben doch verdient, in aller Ruhe, im grünen Paradies von Thailand: Mit dem Boot durch den Dschungel tuckern und Schlangen fangen – Rambo, der altgediente Veteran des Vietnam-Kriegs und des Action-Kinos, hat zu sich selbst gefunden, zur reinen körperlichen Präsenz und zur Leere, die in seinem Blick schon immer lag: „Fuck the world!“, grummelt er einmal, das Motto des Einzelgängers per se. „John Rambo“ prangt auf den Plakaten in Deutschland, was nach vollständiger Identität und, den Flüchen zum Trotz, Kultiviertheit klingt. Doch Rambo kann nicht ruhen, genau so wenig wie Sylvester Stallone, der nach „Rocky Balboa“ den zweiten Helden seiner Karriere aus der Versenkung hievt, denjenigen, der nicht mit Fäusten, sondern mit Messer und Maschinengewehr kämpft. Körperkontakt mit anderen ist Rambo fremd, nur mit dem Oberbösen darf er einmal auf Tuchfühlung gehen. Wenn er Lust auf mehr hat, dann lässt sich das nur erahnen: King Kong hatte seine weiße Frau als Antrieb, Rambo lässt sich von einer blonden Missionarin überreden, sie und ein paar Männer den Salween-River herunterzuschippern. Das Team will in Burma die Karen betreuen, das Bauernvolk leidet unter den Gräueltaten des birmanischen Militärregimes. Die real existierenden Opfer des Genozids bekommen von Stallone, der auch am Drehbuch schrieb und Regie führte, keine Stimme. Individualisiert wird nur der Anführer der Soldaten, und weil es der Homophobie nicht genug sein kann, vergnügt der sich mit einem Jungen, während seine Männer volltrunken ein paar Frauen vergewaltigen. „Wenn du dazu gezwungen bist, ist Töten so einfach wie Atmen“, meint Rambo. Wer den Tod verdient hat, wird ausreichend markiert. Rambos Mi(e)nenspiel lässt keine Frage offen. Zuletzt wandelt er auf einem langen Weg gen Heimat, und man wünscht ihm, dass er dort endgültig ankommt. Michael Stadler