Kennt mein Auto mich?
Mit rund 50 Arbeiten verwandelt das Schweizer Künstler-Duo Peter Fischli und David Weiss die Sammlung Goetz in einen wunderbar schrägen Freizeitpark voll absurder Alltagsbanalitäten
Sie geben keine Interviews. Und auch sonst genießen Peter Fischli (58) und David Weiss (64) fast eine Art Phantomstatus. Ohne Auftritte in der Öffentlichkeit. Aber wer weiß das schon so genau? Vielleicht sind die beiden ja mal wieder im Plüschanzug unterwegs. Undercover sozusagen, wie vor 30 Jahren, als sie im Bären- und Rattenkostüm tappelnd Licht ins Dunkel des Kunstmarkts bringen wollten: Ihr Film „Der geringste Widerstand“ ist längst Kult – und bildet eine besonders amüsante Etappe in der Sammlung Goetz, wo den Schweizern jetzt eine attraktive Einzelschau bereitet ist.
Und schon der erste kleine „Unfall“ in den Tagen des Aufbaus erklärt das Konzept ihrer Kunst besonders schön. Die farbbekleckerte, labbrige Pappschachtel, der mit Weißelresten überzogene Pinsel, ein Plastikbecher, Kippen, scheinbar achtlos liegen gelassen im ersten Raum der Ausstellung, wurden von der Putzfrau entfernt. Keine Sorge, es kam zu keinem zweiten Beuysschen Badenwannen-Fall, die Dame war vorsichtig mit der kleinen Heimwerkerbaustelle. Und ging dennoch perfekt in die Kunstfalle.
Fischli und Weiss haben ein Faible für die völlig banalen Dinge des Alltags, für das, was unser Auge schon gar nicht mehr wahrnimmt. Oder reizflutanpassungs-trainiert übersieht. Wer die Objekte genauer untersucht, stellt fest, dass manches täuschend echt nachgebaut ist, und sei es nur mit Polyurethan plus Farbe.
Subversiver Witz
Auch der Hundenapf im Souterrain, die Schallplatte, die Kommode sind nicht, was sie scheinen. Wobei manchmal sogar die Nase bei der Identifikation des Materials helfen kann. Denn im Gegensatz zur Weiss-Fischli-Version riecht die echte Schellackplatte nicht penetrant nach Hartgummi. Wenn dann unweit von der Drolligkeit eines dösenden „Buchhalters“ (Schlafen, Liegen, Lungern, Faulenzen zieht sich wie ein roter Faden durchs OEuvre) oder den Pilzen aus dem „Einheimischen Waldboden“ im noch unbeholfener gekneteten Gemüsebeet zwischen den Kohlköpfen plötzlich ein Panzer steckt, ist man doch einigermaßen perplex.
Überhaupt bleibt das Lachen zwischendurch im Halse stecken bei diesen reizvoll kindlichen Spielereien. In der Harmlosigkeit tickt das Bömbli. Und in so absurden, über eine dunkle Wand flatternden Fragen – „Kennt mein Auto mich?“ – steckt schrägst subversiver Witz. Dafür lernt man gleich gegenüber, dass im Kühlschrank so ziemlich alles liegt, was man für ein Kunstwerk braucht. Zwei Wiener Würstl auf Karottenrädern, drumrum „neugierige“ Zigarettenkippen, und schon haben wir den „Unfall“ (1980). Gleich nebenan holen die Flugzeugfotos der „Airport“-Serie (1989) die große Welt ins Werk. Aber in ihrer uniformen Belanglosigkeit. So wie sie der gemeine Reisende knipst, wenn er im Flieger auf den Start wartet – in der Langeweile hat noch ein Flügeldetail seinen Reiz. Dagegen passiert richtig viel, wenn Katze „Büsi“ (2000) Milch schlürft.
Und doch reicht das nicht mehr an den abstrusen Sog der früheren Filme mit Bär und Ratte und mehr noch dem „Lauf der Dinge“, der in 30 Minuten den unaufhaltsamen Gang der Welt in seiner Fragilität entlarvt.
Christa Sigg
Bis 12. März, Oberföhringer Str. 103, Mo-Fr 14-18, Sa 11-16 Uhr, nach Anmeldung: Tel.95939690