Kegeln mit den Goldjungs
Die Coen-Brüder über Midlife-Crisis, George Clooney, Brad Pitt, ihren neuen Film "Burn after Reading“, der diese Woche in den Kinos anläuft und warum es den Hauptdarstellern Spaß bereitet auch mal lächerliche Figuren zu spielen.
Noch vor dem Oscar-Gewinn für "No Country for Old Men“ hatten die Erfolgs-Brüder Joel und Ethan Coen einen weiteren Coup abgedreht: "Burn after Reading“, der die Filmfestspiele in Venedig eröffnete und morgen ins Kino kommt. Der Film mit George Clooney, Brad Pitt, Tilda Swinton, John Malkovich und Frances McDormand ist ein tragikomischer Beziehungs- und Spionagethriller.
AZ: Ehebruch, Sexsucht, Scheidung und berufliches Aus: Sind Sie beide mit "Burn after Reading“ thematisch in der Midlife-Crisis angelangt?
JOEL COEN: Wir werden älter, und mit uns die Schauspieler.
Im Film versucht Frances McDormand als Dauersingle, den geeigneten Typen durch Kino-Dates zu finden.
Das ist der klassische Kino-Trick beim Daten. Man geht in einen Film und schaut, ob der andere an den gleichen Stellen lacht. Im Film klappt die Methode ja auch.
Naja, aber der Typ ist Clooney und zumindest im Film ein Heiratsschwindler.
Aber sie hat erst eine gute Zeit mit ihm. Das ist Tragikomik.
Warum spielen Pitt und Clooney lächerliche Figuren?
ETHAN COEN: Weil es ihnen Spaß macht, mal Schwachköpfe zu spielen. Wir hatten die Idee einer Spionagegeschichte mit paranoiden Zügen und viel Komik und haben die Rollen für sie geschrieben.
Brad Pitt ist der hyperaktive Trottel mit Deppenfrisur.
Pitt hat eben das, was man bei vielen so schmerzlich vermisst: Selbstironie. Und der Witz war: Pitt hatte für einen Werbespot bereits so eine Mischung aus Elvis-Tolle und 80er-Jahre Föhnfrisur. Wir haben das einfach übernommen.
Und wie hält man den albernen Haufen mit Pitt und Clooney zusammen?
JOEL COEN: Jeder war anfangs nervös, nicht über das Ziel hinaus zu schießen. Wir haben Spielproben gemacht. Und das ist ja die Kunst des Schauspielers, sich frei zu machen vom Selbsteinstudierten und auf den anderen zu reagieren.
Clooney spielt Harry Pfarrer, Pitt heißt Feldheimer. Die Namen klingen deutsch. Das war früher ein Zeichen für die Bösewichter im US-Film.
ETHAN COEN: Darüber haben wir nie nachgedacht. Das tolle beim Film ist ja, dass man alles frei erfinden kann. Und dann ist doch vieles Zufall. Dass Frances McDormand Linda Litzke heißt, liegt an einer Bäckerei um die Ecke, wo wir aufgewachsen sind. Feldheimer ist irgendein Unternehmensschild, das mir in Erinnerung geblieben ist. Und das Pfarrer deutsch für einen Kirchenmann steht, wusste ich gar nicht.
Auffallend ist die paranoide Situation, in der niemand dem anderen traut, alle auf Überwachung setzen und sich verfolgt fühlen. Ist das die derzeitige Homeland-Security-Stimmung in den USA?
JOEL COEN: Es gibt ja die Tradition in Thrillern und Sci-Fi-Filmen vor allem der 60er und 70er, das paranoide Klima des Kalten Kriegs zu spiegeln. Aber vordergründig politisch ist unser Film nicht.
Woher nehmen Sie Ideen?
Aus der Wirklichkeit: Die Figur, die Frances spielt, die glaubt, eine plastisch-chirurgische Rundumerneuerung würde ihrem banalen Dasein neuen Lebensmut geben, ist von Monica Lewinskys Vertrauter Linda Tripp inspiriert. Sie hat während der ganzen Clinton-Affäre ununterbrochen ihr Aussehen verändert. Dieses neurotische Potenzial mit dem Hochglanz-Magazin-Traum, dass äußere Veränderungen das Leben leichter machen, war ein wunderbarer Hintergrund für die Rolle.
Haben die drei Oscars für "No Country for Old Men“ ihr Leben verändert?
ETHAN COEN: Ich kann keinen Unterschied zwischen vor oder nach den Oscars feststellen. Aber so ein Oscar ist natürlich ein Blickfang im Büro. Und vielleicht können wir ja mal kegeln mit den Goldjungs.
Adrian Prechtel
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