Karfunkelstein und Seide

Rund 500 Jahre nach Christi Geburt wohnte in Unterhaching die High-Society. Das zeigt eine Schau in der Archäologischen Sammlung
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Rund 500 Jahre nach Jesus Christus Geburt wohnte in Unterhaching die High-Society. Das zeigt eine Schau in der Archäologischen Sammlung

Aus Norditalien könnten sie gekommen sein – die drei Männer, vier Frauen und das kleine Mädchen. Sie waren von ungewöhnlich großer Gestalt, in Seide gehüllt und mit kostbarem Schmuck behangen. Männer wie Frauen trugen ihr Haar lang, da dies Gottes Wohlwollen symbolisierte. Auch hatten sie ebenmäßige Zähne, denn sie mussten nicht das grobkörnige Mehl der armen Leute essen. Zu ihren Speisen zählten feine Backwaren und Süßspeisen. Sie waren die High-Society des Frühen Mittelalters.

Als das Reich des Ostgotenkönigs Theoderich noch bis weit über die Alpen reichte, siedelte diese Gruppe im Hachinger Tal. Innerhalb weniger Jahre, zwischen 476 und 488 nach Jesus Christus, starben die Mitglieder. Das Reich Theoderichs ging kurze Zeit später unter. Von da an übernahmen die Bajuwaren diese Region.

Fremde und Hiesige

Als Archäologen vor sechs Jahren in Unterhaching die Gräber jener Gruppe fanden, sprachen sie von einem Jahrhundertfund. Nicht nur der Reichtum, von dem die Fundstücke zeugten, war spektakulär – selbst einzelne Seidenreste konnten geborgen werden. Das Gräberfeld bestand aus zehn Einzelgräbern – zwei der Toten stammten jedoch zu Lebzeiten nicht wie die übrigen aus der Fremde, sie mussten in der Gegend aufgewachsen sein. Diese Erkenntnisse brachte eine neuartige Mess-Anlage, die bislang nur im Keller des Louvre in Paris steht.

Die Funde aus Unterhaching werden erstmals der Öffentlichkeit präsentiert: „Karfunkelstein und Seide“ heißt die beeindruckende Ausstellung in der Archäologischen Staatssammlung. Mit zusätzlichen Leihgaben, etwa aus dem Louvre oder den Capitolinischen Museen in Rom, wurden die teilweise unvollständigen Grabfunde komplettiert. Im Vordergrund stehen die Einzelschicksale. Jeder Person ist eine eigene Präsentation gewidmet. So können Besucher mehr über den Mann in „exotischen Strümpfen“ oder die „Prinzessin“ erfahren.

Einmalige Funde

Deren Schatzkammer ist gleichzeitig Höhepunkt der Ausstellung. In ihr verbergen sich zwei Scheibenfibeln, die für das Voralpenland absolut ungewöhnlich sind. Sie bestehen aus kostbarsten Materialien wie Gold, Silber, Malachit, Granat und Salzwasserperlen. Das Motiv verweist auf eine christliche Symbolik: Der Adler oder Phönix gilt seit dem 2. Jahrhundert als ein Zeichen für Jesus Christus und das ewige Leben. Ein liebevolles Detail der Ausstellung ist daher auch, dass die Schatzkammer als Achteck angelegt ist. Die Zahl Acht steht für die Unsterblichkeit.

Nadja Mayer

Lerchenfeldstraße 2, bis 7. Juli, Di – So 9.30 – 17 Uhr, Tel.2112402, Katalog 25 Euro

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