Justin Timberlake kämpft in "In Time" um seine Zeit
Es ist spät am Abend, die staubigen Straßen sind wie leer gefegt, eine junge Frau wartet nervös auf ihren Bus. Als er endlich ankommt, entspinnt sich zwischen dem Fahrer und der Wartenden eine bizarre Diskussion. „Zwei Stunden” würde das Ticket kosten, doch die den Tränen nahe Schönheit hat nur noch eineinhalb. Preiserhöhung, Pech gehabt. Der Mann am Steuer kennt keine Gnade, nicht einer der apathischen Fahrgäste macht Anstalten, auszuhelfen. Und nun beginnt die Frau zu laufen, immer schneller, den Blick ständig auf eine grünliche Zahlenkombination auf ihren Unterarm gerichtet. Sie rennt und rennt, da kommt ihr Will (Justin Timberlake) entgegen. Ihr Sohn scheint zu begreifen, wie ernst die Lage ist. Aber zu spät. Sie bricht in seinen Armen tot zusammen. Ihre Zeit ist abgelaufen.
Andrew Niccol nimmt in seiner düsteren Parabel „In Time” den Ausspruch „Zeit ist Geld!” wörtlich. In seiner Zukunftsvision hören die Menschen mit 25 Jahren auf zu altern, danach zeichnet sich auf ihrer Haut ein Lebenszeit-Konto ab. Um es zu füllen, muss man sich mit harter Arbeit Zeit verdienen oder man gesellt sich zur Zeit-Mafia und betreibt einen illegalen Handel mit der neuen Währung. Über eine dritte Alternative macht sich Will keine Gedanken, denn er ist viel zu sehr damit beschäftigt, den nächsten Tag zu überstehen. Doch dann trifft er einen rätselhaften Melancholiker, der ihm freiwillig über 100 Jahre schenkt, bevor er sich umbringt. Will begreift, dass es auch eine andere Zeitzone geben muss, in der man sich keine Sorgen um die tickende Lebensuhr machen muss. Und so macht sich der wütende Will auf die Reise, um den grauen Herren ihre Zeit abzuluchsen.
Niccol ist im Science-Fiction-Genre kein Unbekannter, 1997 gelang ihm mit „Gattaca” eine meisterhafte Auseinandersetzung mit den Gefahren der Gentechnik. Umso überraschender ist es, dass er sich in „In Time” auf billige Gags („Hast du mal ’ne Minute”) und eine simple „Bonnie und Clyde”-Liebes-Thrillergeschichte verlässt. Für das minimalistische, glaubwürdige Design seiner Utopie und eine endlos lange Exposition nimmt er sich viel Zeit, für die konturlosen Charaktere leider viel zu wenig.
Kino: Cinema (OV), CinemaxX, Mathäser, Münchner Freiheit, Royal
R: Andrew Niccol
(USA, 109 Min.)