Just Beat It!

Der Durchbruch: Michael Jackson erfindet 1982 mit dem Album „Thriller“ seinen Sound und seine Bühnenfigur.
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Der Durchbruch: Michael Jackson erfindet 1982 mit dem Album „Thriller“ seinen Sound und seine Bühnenfigur.

Thriller" ist das meistverkaufte Album aller Zeiten. Doch das erklärt nichts von seiner künstlerischen Qualität. Die liegt in einer Dramaturgie, die über neun Songs konsequent durchgehalten wird und unerreichbarer Orientierungspunkt für die Dance-Pop-Produzenten der 80er bis hin zum modernen R’n’B bleibt. Und auch Michael Jackson selber sollte nie wieder ein Werk von dieser Geschlossenheit gelingen.

„Wanna Be Startin' Somethin’“ - der erste Song: Die Stimme punktiert den Sound wie eine Nähmaschine. Als der Beat jede Fibrille des Körpers durchdrungen hat, hebt die Stimme ab - uhhh huuu. Mit seinem sechsten Solo-Album fand Jackson durch den Produzenten Quincy Jones zu seinem hypermobilen Electro-Funk-Soul. Jones hatte schon bei „Off The Wall“ mit Michael zusammengearbeitet.

Die Aufnahmen begannen am 14. April 1982 um 12 Uhr mittags mit „This Girl Is Mine“. Paul McCartney ist Duettpartner in diesem Song über den Kampf um eine Frau. „Michael, ich hab dir doch gesagt, dass wir deswegen nicht kämpfen“, spricht er väterlich und Jackson kiekst: „I think I told you. I'm a lover, not a fighter.“ Der Junge gegen den Mann. „Thriller“ ist ein Pop-Werk über das Heranwachsen.

Dieses Album hatte nichts mit Rock-Posen zu schaffen, aber es war so schlau, sie zu zitieren. Zentrale Stelle ist das Gitarrensolo von Eddie Van Halen in „Beat It“. Er hatte die Geschwindigkeit und Virtuosität die Grenzen des Handgemachten hinter sich zu lassen, und mit dem Maschinenpark der Synthesizer gleichzuziehen. „Ich will kein Blut sehen, bin kein Macho-Mann“, singt Michael - „So beat it, but you wanna be bad“. Dieser eine Song führte dem Rock seine Künstlichkeit vor und schuf mit seinen Mitteln einen neuen sexy Beat. Erst die Indie-Szene schaffte es Ende der 80er, die Wunden, die Jackson der harten Musik geschlagen hatte, zu verbinden.

„Thriller“ war der Startpunkt für die Erschaffung der Kunstfigur Jackson. Und niemand ahnte, dass der Mensch Michael sich in dieser Kunstfigur verkapseln und in ihr enden sollte. Im Zuge dieses Album sollte Michael zu der Figur werden, die man selbst als Schattenriss noch sofort erkennt. Das Video zum Titelsong, gedreht von John Landis, der 1981 mit „American Werwolf“ einen Genre-Klassiker geschaffen hatte, führt die phantasievollste Variante der Verwandlung vor. Der Sänger, der sein Mädchen auf der einsamen Straße umtanzt, wird verfolgt von einem Heer angeschimmelter Zombies. Plötzlich, das Girl sieht's mit Entsetzen, ist ihr Michael Chef der Untoten, ein Monster im Mann. Hollywoodtauglich. Natürlich. Vincent Price gab als Horror-Onkel seine Erzähl-Stimme.

„Thriller“ ist in weiten Teilen ein Album über Triebe, ihren Reiz und ihre Bedrohlichkeit. Ironischerweise über die Themen, an denen die Existenz Jacksons scheitern sollte. „Billy Jean" war das erste Video eines schwarzen Nicht-Rockers, das auf MTV lief. Im Zentrum des Songs steht die Frage: Was lief mit Billie Jean? Der Frau, die zum Tanz auffordert. „Billie Jean is not my love“, verzweifelt der Sänger. Nein, dieses Kind ist nicht sein Sohn. Und wenn Michael sich an die Mutter erinnert, die ihn ermahnte, aufzupassen, wen man liebt, spürt man einen Song wie „Take Time To Know Her“ von Percy Sledge. Trotz des Electro-Pop-Überbau ist Jackson noch ein Erbe des Motown-Soul und seiner Themen: Schuld und Sühne in zerwühlten Laken.

Der Übergang vom Kind zum Mann passiert in „Human Nature“. Der Sound feiert die Disco. „Wenn diese Stadt nur ein Apfel ist, lass mich abbeißen“. Biblisch. Als der Morgen graut, berührt er ihre Schulter. Aber die menschliche Natur allein macht noch keine Liebe. Die kommt im letzten Song, dem pappsüßen R'n'B-Pop „The Lady In My Life": „Leg dich neben mich, lass mich dich mit Träumen füllen“ – im letzten Track findet Michael die Liebe und den Sex. Das eigene Leben hat begonnen.

Christian Jooß

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