Jubel von unten, Donner von oben
Umjubeltes Brandner-Kaspar-Gastspiel im Passionstheater Oberammergau: Auch im Oberland sorgt der bayerische Theaterklassiker mit einer flotten Inszenierung von Christian Stückl für Begeisterung.
Er kartelt und kartelt und kartelt: Der Brandner Kasper setzt seinen Siegeszug auch im Oberland fort. Der junge und von Christian Stückl so besonders jung inszenierte Klassiker vom Volkstheater mit kurzweiligen gut dreieinhalb Stunden Spieldauer verzückt auch das ausverkaufte Oberammergauer Passionstheater. Vor einem dankbaren Publikum gibt es am Ende stehende Ovationen vor allem für die fabelhaften Hauptdarsteller Maximilian Brückner als Boandlkramer und Alexander Duda als Kaspar. Aus dem bestens aufgelegten Ensemble hat vor allem Tobias von Dieken als Witzfigur-Preuße Kai-Uwe von Zieten einen Sonderapplaus verdient.
Die Geschichte vom Kaspar, der den Tod beim Karteln bescheisst, um sein Leben um 18 Jahre zu verlängern, und der dann mit viel Mühe vom Himmelspersonal doch noch ins Paradies geholt wird, mag eine noch so erzkatholische Botschaft haben – Stückl bricht dem Konservatismus alles Steife und Reaktionäre weg mit Slapstick, Comic und Witz. Brückner tänzelt als Tod wie ein junger Gott um den alten Lackl Brandner, der „ums Verrrecken ned sterben will“, und improvisiert souverän mit einem Weißwursttopf, als versehentlich im Himmel ein Stuhlbein bricht.
Mutig und lustvoll inszeniert
Die Oberammergauer Riesenbühne wird in voller Breite bespielt, die einzelnen Bilder stehen nun (im Gegensatz zur Münchner Aufführung) nebeneinander, was auch die Brüche zwischen den oft hart aufeinander geschnittenen Szenen deutlicher zum Vorschein bringt. Nachdem das Stück zu Beginn immer wieder mal in Gefahr ist, zum reinen Bauernstadl abzurutschen, sind spätestens nach der Pause im herrlich ausstaffierten Bier- und Brezn-Himmel (Bühne: Alu Walter, Kostüme: Ingrid Jäger) der Mut zum trashigen Kalauer und die Lust am altkatholischen Jenseits-Pathos genau richtig dosiert. So wird das Stück ganz luftig-leicht, trotz echtem (und gewaltig stinkendem) Weihrauchkessel.
Lediglich die elektrische Klang-Verstärkung ist zu schwach eingestellt, was vor allem dann ein Manko wird, wenn sich die Schauspieler – im Oberland darf man das ja – dialektmässig so richtig gehen lassen. Und einmal schickt der echte (Regen-)Himmel einen Donner zum überdachten Freilufttheater – passenderweise als gerade von Sodom und Gomorrha die Rede ist. Offenbar hat man da oben auch seinen Spaß an diesem Stückl-Kaspar.
Michael Grill