Johnny Depps Bruder karikiert Hollywood
Nur nicht in den Whisky heulen: Johnnys älterer Bruder Daniel Depp karikiert Hollywood als„Stadt der Verlierer“.
L. A. ist eine Stadt der Verlierer. Schon immer gewesen. Wer es nirgendwo sonst zu etwas bringt, kann es hier schaffen.“ Dieses Zitat des unvergesslichen Westernhelden Robert Mitchum, mit dem der Romanheld David Spandau gewisse Ähnlichkeiten hat, stimmt ein auf den Krimi „Stadt der Verlierer“, den Daniel Depp (55) seinem Bruder Johnny Depp (46), dem Hollywoodstar, gewidmet hat. „Welch ein Buch! Ich bin wahnsinnig stolz auf meinen Bruder“, lobt der, und der deutsche Verlag lässt sich die Werbung nicht entgehen.
Nur: Hier handelt es sich nicht um Vetternwirtschaft, sondern um einen von klassischen Vorbildern wie von Raymond Chandler inspirierten Krimi von lakonisch-maka- brem Humor. Manchmal gerät die Sprache ein wenig vulgär, aber das Typensammelsurium, das sich in Los Angeles, der Stadt der Verlierer, tummelt, ist gut beobachtet und einigermaßen originell. Natürlich profitiert Daniel Depp (er schrieb das Script zu Johnnys bisher einziger Regiearbeit „The Brave“) vom Insiderwissen in der Welt der Reichen, Schönen, Begabten und Bescheuerten.
Der beste Typ ist aber nicht der Johnny nachempfundene Jungstar Bobby Dye, der Morddrohungen erhalten hat und von einem mafiösen Clubbesitzer, Drogenboss und Möchtegern-Filmproduzenten erpresst wird, sondern Privatdetektiv David Spandau, der Bobby beschützen soll. Ein kerniger Kerl Ende dreißig mit klarem Verstand, deftigem Humor und jener Prise Melancholie, die Männer für Frauen so attraktiv macht. Ein Mann wie aus einem Film noir, hart im Nehmen (sein Hobby ist Rodeoreiten) und weich im Herzen, der sich zusammenreißen muss, nicht in den Whisky zu heulen, wenn er an die geliebte Ex-Frau denkt.
Mit Hilfe seines irischen Freundes Terry kommt Spandau irrwitzigen Verbrechen auf die Spur, aber dann verliebt sich Terry und macht Fehler, die auch für Spandau lebensbedrohlich werden. Das überraschende Ende ist dann tatsächlich zum Heulen schön. Angie Dullinger
„Stadt der Verlierer“ (C. Bertelsmann, 317 Seiten, 19.95 Euro)