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Was kommt nach Christian Thielemann? Paul Müller, der Intendant der Münchner Philharmoniker über die Zukunft des Orchesters der Stadt
von  Abendzeitung

Was kommt nach Christian Thielemann? Paul Müller, der Intendant der Münchner Philharmoniker über die Zukunft des Orchesters der Stadt

Spätestens seit dem 22. Juni, als der Stadtrat die Bedingungen Christian Thielemanns für eine Verlängerung seines Vertrags ablehnte, müssen die Münchner Philharmoniker über einen Nachfolger für den Generalmusikdirektor nachdenken, der in eineinhalb Jahren das Orchester verlässt.

AZ: Herr Müller, die Berliner Philharmoniker wählen den Chefdirigenten selbst, beim Bayerischen Staatsorchester beruft ihn der Minister. Wie ist das beim Orchester der Stadt geregelt?

PAUL MÜLLER: Der Stadtrat entscheidet über einen Vorschlag des Kulturreferenten. Dieser kommt durch ein Votum des Orchesters und nach Diskussion im Philharmonischen Rat zustande. Die Musiker spielen bei der Entscheidungsfindung daher die zentrale Rolle.

Wie wird der neue Chefdirigent gefunden?

Der Kulturreferent, der Philharmonische Rat, der Orchestervorstand und ich haben besprochen, neben den Dirigenten, die das Orchester dirigiert haben oder dirigieren werden, weitere interessante Dirigenten-Persönlichkeiten zu Gastspielen einzuladen. Sie werden schon in der Saison 2010/2011, vor allem aber 2011/2012 hier gastieren.

Warum haben Sie sich in der Auseinandersetzung um Thielemanns Vertragsverlängerung nie öffentlich geäußert?

Es ist mein Grundsatz, mich zu betriebsinternen Dingen nicht zu äußern. Das habe ich hier so konsequent durchgehalten wie sonst auch in meinem bisherigen Berufsleben.

Thielemann äußerte sich im Sommer sehr oft.

Natürlich war das schwierig. Wer keine Schwierigkeiten mag, sollte den Job eines Intendanten nicht anstreben. Ich habe im übrigen größte Achtung vor dem, was Christian Thielemann künstlerisch leistet, und daher versucht, alle Möglichkeiten bezüglich zukünftiger Planungen für den Fall einer Verlängerung seines Vertrags offen zu halten.

Bei seinen ersten Konzerten kochten die Gefühle beim Publikum und im Orchester hoch. Wie ist die Stimmung jetzt?

Emotionen haben ihre Eigendynamik. Sie brauchen Zeit und Raum. Nun versuchen wir alle, nach vorne zu blicken. Die Musiker haben eine Kommission gebildet, in der sie selbstständig über den Wettbewerb in München, ihre internationale Positionierung und die Herausforderungen der Zukunft nachdenken wollen. Ich halte es für wichtig, dass dies auch aus dem Orchester selbst kommt. Eine zweite Kommission befasst sich mit Education.

Wieso ist die Kinder- und Jugendarbeit so wichtig?

Die Auseinandersetzung mit Musik ist wichtig, weil sie zur Persönlichkeitsbildung junger Menschen beiträgt. Mit dem Programm „Jugend horcht!“ wollen wir junge Ohren für Klassische Musik öffnen, ihnen helfen, ihre schöpferischen Kräfte, ihre Kreativität zu entfalten, und das hat auch Auswirkungen auf das soziale Miteinander. Und natürlich sind unsere MusikerInnen dafür die wichtigsten Akteure.

Befürchten Sie nach Thielemanns Abschied einen Einbruch bei den Abos?

Natürlich bedauern manche Konzertbesucher seinen Weggang. Das ist nachvollziehbar und überrascht mich auch nicht. Unser Ziel ist es, die Saison 2011/2012 auch ohne Chefdirigent attraktiv aufzustellen. Unser Publikum wird sehen: Es ist vielleicht anders, aber genauso spannend.

Welche Chance hat das jüngst von der Gasteig-Chefin Brigitte von Welser vorgestellte Umbauprojekt für die Philharmonie?

Für die Zukunft der Musikstadt München und der Philharmoniker ist eine Verbesserung der Gasteig-Akustik unerlässlich. Das Projekt entstand in Absprache mit dem Aufsichtsrat der Gasteig GmbH. Ich halte es für realistisch, auch wenn im Moment die finanziellen Rahmenbedingungen nicht günstig sind.

Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks bestreitet, dass zwei Orchester im Gasteig nebeneinander existieren können.

Dazu ist eine Studie in Arbeit, deren Ergebnissen ich nicht vorgreifen möchte.

Sie wurde für den Herbst angekündigt.

Warten Sie ab, es ist nicht jeden Tag Weihnachten.

Robert Braunmüller

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