Jerry Cotton: Cool, ironisch und ein wenig prüde
Die Trivialroman-Figur „Jerry Cotton“ kommt wieder ins Kino. Die „Wixxer“-Macher schicken jetzt Tramitz auf Verbrecherjagd.
Jerry Cotton – da klingt schon der Name nach Ironie. Denn dieser nie alternde New Yorker Haudegen-Detective ist kein Wattebausch. Im dauer-abenteuerlichen Einsatz wendet der sexistische Aufräumer nicht nur rechtsstaatlich korrekte Methoden an. Und Jerry ist ein Teflon-Typ, an dem alles abzuprallen scheint: Kugeln, Schlaflosigkeit, Intrigen.Er ist unser glamourloser Spelunken- und Back-Street-Bond, unser Trivialheld vom deutschen Kiosk.
Über vierzig Jahre nachdem der Rock-Hudson-Geliebte George Nader der Coolness ein Gesicht in schwarz-weiß gab, ist jetzt Christian Tramitz (siehe Kino-Stadt seite 2/3) als Indentifikationsfigur auf farbigen Hochglanz gebracht. Tramitz trägt den Film mit einer wunderbar ausbalancierten Mischung aus Coolness und Parodie, Macho-Härte und Ironie, die diese Klischee-Revolvergeschichten braucht. Das parodie-erprobte „Wixxer“-Regiepaar Cyrill Boss und Philipp Stennert hat auch eine witzig-überzeugende Lösung für den Film-Look gefunden: New York sieht ein bisschen nach Frankfurt aus. Und wenn im Brooklyn-Morgenrot im Hintergrund einer alten Lagerhalle über der Upper Bay die Freiheitsstatue auftaucht, ist sie wunderbar kulissenhaft. So wird atmosphärisch auch unsere deutsche Gangsterromantik-Projektion auf Amerika spürbar.
Dazu passt auch die nostalische Zeitlosigkeit der Handlung in einer Gegenwart mit Mikrowelle, aber poppigen 70er-Jahre-Flair mit 50er-Jahr Accessoires und Assoziationen. So entsteht eine gelungene Phantasie-Gangsterzeit.
Etwas schade ist, dass der Sexappeal von Penélope-Schwester Monica Cruz nicht für Sex in der Crime-Geschichte genutzt wurde. Dafür gibt zwar Christiane Paul einen fantastisch eiskalten FBI-Engel. Aber man ahnt auch hier leider nur eine erotische Vergangenheit zwischen Jerry und ihr. Dass bei aller einfallsreicehn Professionalität und erfrischend cooler Ironie der Film nicht einschlägt wie eine Kugel aus Cottons Colt, hat zwei Gründe: Der Film findet keinen vorwärtstreibenden Rhythmus. Und manchmal stört Klamauk die Atmosphäre. So hat Christian Ulmen eine allzu undankbare Schießbuden-Rolle als ungeschickter Cotton-Partner. Und eine Klischee-Gangsterriege schwächelt um den peinlich schwäbelnden Heino Ferch.
Adrian Prechtel