Irgendwo in Thalkirchen
Zwei Stunden Powerplay: Deutschrock-Dino Wolf Maahn stellt im „Backstage“ seine neue CD „Vereinigte Staaten“ vor
Natürlich haben sich die Zeiten geändert, auch für die Deutschrock-Dinos, die längst zum Establishment zählen. Grönemeyer jault jetzt die offizielle Hymne der Kulturhauptstadt Europas , Westernhagen trägt Brioni und trällert für Klitschko, Niedecken singt an der Seite von Horst Köhler in Uganda gegen Kindersoldaten an. Nur Wolf Maahn ist immer noch Wolf Maahn.
Einst hat er die Food-Band gegründet, danach als „Neue Heimat" den NDW-Hit „Ich bau Dir ein Schloss“ gesungen. 1982 kamen dann die „Deserteure“, mit „Fieber“ gelang ihm der Durchbruch, er spielte im „Rockpalast“ und in der „Band für Afrika“. Und nun steht er im „Backstage“ auf der Bühne, in der kleinen Halle, und stellt die „Vereinigten Staaten" vor, sein erstes Studioalbum seit sechs Jahren – vor etwa zweihundert Leutchen. Dabei groovt Maahn mit einer Lust, als spiele er für jeden einzelnen Zuschauer persönlich.
Es ist ein spezielles Konzert, Maahn spürt das von Beginn an. „Hey, ich kenn euch!", ruft er in die Menge. Er erzählt von seiner Kindheit in Mittersendling („Gibt’s das noch?"), wo er als Neunjähriger seine ersten Lieder schrieb, und dass er die Beatles noch im Zirkus Krone sah, in den 60ern war das („So alt bin ich schon!"). Maahn wird bald 55, ist immer noch so drahtig wie ein Mittzwanziger, trägt ein Muskelshirt mit Glitzerherzen und singt mit Inbrunst von der Liebe und vom Zusammenleben, im Großen wie im Kleinen. Am besten deutlich wird dies im Titelsong des neuen Albums, das er nach seiner Trennung von der Plattenfirma „Universal“ im eigenen Label „Libero Records“ verlegt und das nichts von der Kraft der frühen Jahre verloren hat.
„Schau, du kennst mich schon so lang – spürst du nicht die Grenzen, die ich nicht ändern kann“, heißt es in den „Vereinigten Staaten"; das mag für das Miteinander von Völkern gelten, von Partnern und irgendwie auch für die Beziehung von Maahn und seinen Fans hier im Backstage. Nach mehr als zwei Stunden Powerplay, bei dem die neuen Songs gefeiert werden wie alte Klassiker, singt er in Abwandlung seines frühen Hits „Irgendwo in Deutschland“ dann „Irgendwo in Thalkirchen". Und jeder, der im Backstage war, würde ihm jetzt auch noch dorthin folgen. Geerdeter kann ein Abend nicht enden.
Gunnar Jans
Video: Der Titelsong zum Reinhören
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