In der Parallelwelt
Mönch oder Dämonenjäger? Zauberkundiger Hexendoktor oder Barbar? Diese Frage stellen sich seit gut einer Wochen hunderttausende Computerspieler weltweit, wenn es darum geht, ihren Helden in Diablo III auszuwählen. Wer mitspielen will in dieser monströsen, für Außenstehende merkwürdig anmutenden Parallelwelt, hat lange Nächte vor sich – vorausgesetzt, er macht rund 50 Euro locker.
Die an die Neuauflage des Klassikers geknüpften Erwartungen sind hoch: Der im Jahr 2000 erschienene Vorgänger Diablo II verkaufte sich über vier Millionen Mal weltweit. Es war damit eines der erfolgreichsten PC-Spiele aller Zeiten. Ob der Nachfolger ähnlich einschlägt wie das Zauberschwert? Die paar Zahlen, die der Hersteller herausrückt, lassen es vermuten. „Uns liegen bisher zwei Millionen Vorbestellungen vor”, sagt Blizzard- Sprecher Christian Beer.
Wie es geht, hat World of Warcraft, ebenfalls ein Rollenspiel aus dem Hause Activision Blizzard, vorgemacht, das rund zehn Millionen Abonnenten zählt, die dafür mindestens zehn Euro im Monat berappen. Die ursprünglich viel früher angekündigte Diablo-Neuauflage könnte der kalifornischen Spieleschmiede, die nach einem Rekordumsatz von 4,76 Milliarden Dollar im Jahr 2011 nur noch verhalten wächst, nun einen lang ersehnten Umsatzschub geben.
Sie könnte nicht nur, sie muss sogar, sagt Branchenbeobachterin Petra Fröhlich. Für Blizzard sei die Premiere „von extrem großer Bedeutung. Es ist die Cash Cow neben World of Warcraft, für das erst im Herbst die nächste Erweiterung erwartet wird”, sagt die Chefredakteurin der Fachzeitschrift „PC-Games”. Im ersten Quartal 2012 machte der Konzern mit 1,17 Milliarden Dollar laut den kürzlich veröffentlichten Zahlen fast ein Viertel weniger Kasse als im Vorjahr, der Gewinn betrug immer noch 384 Millionen Dollar.
Andererseits: Sollten sich die Absatzziele erfüllen, böte sich für Blizzard die Chance, endgültig am Dauerrivalen Electronic Arts (EA) vorbeizuziehen. Dessen aufwändig programmierter Titel „Star Wars: The Old Republic”, ein Rollenspiel von vergleichbarer Machart, hatte trotz geschätzten Entwicklungskosten von 150 bis 200 Millionen Dollar zuletzt mit rückläufigen Abonnentenzahlen zu kämpfen.
Die Abos gelten als wichtige Einnahmequelle, auch wenn der Umsatz mit Abonnements und Premium-Mitgliedschaften laut dem Branchenverband BIU im vergangenen Jahr um 5,6 Prozent auf insgesamt 183 Millionen Euro sank. An ihre Stelle tritt zunehmend der Online-Handel mit virtuellen Items, Ausrüstungsgegenstände für die abenteuerliche Reise in die virtuellen Welten von Diablo und Co.
Ein Geschäftszweig, der immer wichtiger wird: 2011 stieg der Umsatz mit „virtuellen Zusatzinhalten” wie diesen um 70 Prozent auf insgesamt 233 Millionen Euro. Nach Ansicht von Gaming-Expertin Fröhlich, „generell etwas für Leute, die ungeduldig sind oder angeben wollen”. Davon gibt es offensichtlich viele: 2010 gingen 3,2 Millionen Deutsche dem BIU zufolge auf Item-Einkaufstour im Netz.
Bezahlt wird wahlweise in Spielgeld oder in echten Euros. Für den Anbieter ein einträgliches Zusatzgeschäft. Denn mit jedem Mausklick, durch das eine prachtvolle Rüstung den Besitzer wechselt, verdient er mit. Von einem Einstieg in die Welt des wettkampfmäßig betriebenen eSports wird ebenfalls gemunkelt. Möglich machen könnte es ein neues Multiplayermodul, das es erleichtert, im organisierten Ligabetrieb die Schwerter zu kreuzen.
Könnte also gut sein, dass es schon bald neue Online-Helden gibt in der verteufelt lukrativen Welt von Diablo III. Bezahlt jedenfalls wird prompt – und das sogar in Echtgeld.
- Themen: