Immer noch zum Abbusseln

Rolando Villazóns Konzert mit Arien von Georg Friedrich Händel in der nicht ganz ausverkauften Philharmonie
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Rolando Villazóns Konzert mit Arien von Georg Friedrich Händel in der nicht ganz ausverkauften Philharmonie

Am Ende küsste er jeden Mitstreiter, einem Geiger sogar die Glatze. Der Mexikaner Rolando Villazón ist auch nach seiner Stimmbandoperation ganz der Alte: Er stürzt sich mit 150 Prozent Energie vom ersten Rezitativ bis zur finalen Gaudi in alles, was er auf der Bühne anstellt.

Georg Friedrich Händels Opernfiguren ernteten den Gewinn. Ihre Arien sind für Villazón keine austauschbare Barock-Konfektion, sondern Porträts sehr verschiedener Charaktere. Mit sprechender Mimik und einer unglaublichen Präsenz stellte er Grimoaldos Zerrissenheit, Serses tragikomische Verliebtheit und den verzweifelten Schmerz Ariodantes aufs Konzertpodium. Die Figuren standen als lebende Menschen mit all ihren Widersprüchen im nicht ganz ausverkauften Gasteig. Eine bemerkenswerte, im Händel-Gesang wahrlich nicht selbstverständliche Leistung.

Manches wird gerappt

Die teils für Tenor geschriebenen, aber auch aus der Altkastraten-Lage tiefer gelegenen Arien kamen Villazóns Tenor entgegen: Die leicht verengt wirkende Höhe wurde kaum gefordert. Zwischen ihr und der warmen Mittellage hat sich ein Registerbruch eingeschlichen. Auch zwei tief liegende Passagen klangen rau. Villazón überspielt solche Pannen mit einer unglaublichen Bühnen-Intelligenz. Für die bevorstehenden Opernauftritte braucht einem deshalb kaum bange zu sein, wenn er sich nicht wieder in dramatischen Rollen verausgabt.

Selbst gerappte Koloraturen lassen sich verschmerzen, weil die unbändige Mitteilungskraft des Sängers so viel erzählt. Neben dem Energiebündel verblasste die Sopranistin Lucy Crowe: Sie machte in einer ersten Nummer aus „Giulio Cesare“ die Cleopatra zu einer Heulsuse. Die freudige Arie gelang besser. Mit ihrer ausladenden, nicht völlig kontrollierten Höhe dürfte sie als Sophie im „Rosenkavalier“-Rokoko des Nationaltheaters richtiger besetzt sein als bei Barockmusik.

Das Gabrieli-Consort unter Paul McCreesh überraschte schon bei der „Ankunft der Königin von Saba“ aus „Solomon“ mit sattem Klang und stark besetzten Bässen. Jede Wiederholung war sauber abgetönt und eine Spur anders nuanciert. Dieses Barockorchester ist wirklich zum Abbusseln.

Robert Braunmüller

Villazon kommt am 15. 11. mit einem mexikanischen Programm wieder ins Gasteig

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