Im Kino: "Zweiohrküken" mit Til Schweiger
Kennen Sie noch den Pirelli-Kalender? Da werden virile Auto-Erotik-Fantasien das ganz Jahr durch gefeiert! Und weil Til Schweiger als Sexidol genügend Selbstironie zu besitzen scheint, beginnt „Zweiohrküken“ mit einer Klischee-Steigerung: Glitzernde Kampfflugzeuge phallisch in gleißender Sonne.
Aber aus der letzten Männerdomäne entsteigt dem Cockpit eine Superfrau, die auch noch die Overall-Hüllen fallen lässt. Cut und aus der Traum. Ludo (Til Schweiger) erwacht vom Dauer-Mosern der Kindergarten-Frau (Nora Tschirner). Denn seit „Keinohrhasen“ sind Anna und Ludo ein Paar, das riskanterweise auch noch zsammengezogen ist.
Und so muss Ludo sich täglich Motz-Tiraden gefallen lassen über die Unmöglichkeit, mit Männern, vor allem wie Ludo, zusammenzuleben. Thema: z.B. Flaschen wegbringen, Klopapier kaufen, etc...
Wer jetzt glaubt, dass sich „Zweiohrküken“ aus der Klischeefalle nicht mehr befreien kann, unterschätzt diesen Film. Denn es gelingen wirklich wunderbare Beziehungs-Ping-Pong-Spiele wie man sie aus amerikanischen Screwball-Komödien kennt, nur eben auf das deutsche Lebensgefühl angewandt, damit angenehm politisch unkorrekter. Ludo hat bald das Gefühl, man kann es Frauen nicht recht machen: „Weißt du was: Dir langt es nicht, dass ich die Flachen wegbringe. Du willst, dass ich sie auch noch gerne wegbringe!“
Witzig ist auch, wie Schweiger als Ludo männliche Tricks entlarvt, sich aus der Affäre zu ziehen. Wegen eines Rendezvous völlig übernächtigt, aber für die Freundin im Kindergarteneinsatz, spielt Ludo einfach die Janosch-Karte und schlägt den Kindern das „Winterschlaf-Spiel“ vor, mit ihm als dicken Waldbär. „Zweiohrküken“ ist die gelungene Fortsetzung von „Keinohrhasen“. Es geht nicht mehr nur um Anbahnung, sondern um Zusammenleben und Eifersucht.
Und da trifft die Kernaussage wahrscheinlich das moderne, postemanzipatorische Lebensgefühl: Männer und Frauen passen nicht zu sammen, aber zu versuchen lohnt sich jedenfalls. Mario Barth erzählt das in „Männersachen“ so dumm und platt, dass man sich als Zuschauer dauernd fremdschämt.
Til Schweiger dagegen löst das Problem einer postemanzipatorischen Welt mit selbstbewussten Frauen und verunsicherten Männern nicht einfach durch Rückzug des Mannes, sondern wirklich weiterführend intelligent und amüsant: Der Mann als machistischer Frauenversteher. Er weiß, was Frauen wollen, geht darauf ein, ohne sich dabei den Schwanz abschneiden zu lassen. So profitieren beide: Sie hat keinen Schluffi zu Hause, den sie letztlich nicht achtet und er darf sich – bei aller Partnerschaftlichkeit – noch klassisch männlich fühlen. Und da kommt man auch darüber hinweg, dass er seine Ex trifft und ihr Ex zu Besuch kommt. Und dass man es Frauen bei der Frage „Was soll ich anziehen?“ nie wird recht machen können. Damit lässt es sich leben, oder?
Adrian Prechtel
"Zweiohrküken": Der Trailer: