Im Kino: „Die Päpstin“
Wie an einer Perlenschnur reiht Wortmann die Lebensstationen Johannas aneinander, die im 9. Jahrhundert als ungeliebte Tochter eines Dorfpredigers in Ingelheim ihren emanzipatorischen Weg bis auf den Heiligen Stuhl in Rom geht.
Man könnte meinen, einen internationalen Bestseller wie Donna Woolfolk Cross' „Die Päpstin" zu verfilmen, sei eine sichere Sache. Aber in dieser Produktion ging, noch bevor die erst Klappe fiel, alles schief, was schief gehen kann. Sieben Jahre lang versuchte Volker Schlöndorff, die Literaturverfilmung auf die Beine zu stellen, bis er nach seinen Äußerungen gegen die Unsitte der so genannten Amphibienfilme entlassen wurde.
Ersatz wurde gefunden: Sönke Wortmann („Das Wunder von Bern") übernahm das Ruder und man merkt seiner filmischen Version von „Die Päpstin" (ab Donnerstag in unseren Kinos) deutlich an, dass sie nach den Stürmen der Vorproduktion das Schiff gezielt in sichere Gewässer lenkt. Wie an einer Perlenschnur reiht Wortmann die Lebensstationen Johannas aneinander, die im 9. Jahrhundert als ungeliebte Tochter eines Dorfpredigers in Ingelheim ihren emanzipatorischen Weg bis auf den Heiligen Stuhl in Rom geht.
Wortmann legt den Schwerpunkt auf die Reifung der Heldin, die sich mit Willensstärke und intellektuellem Geschick durchsetzt und als Mann verkleidet ins Kloster geht. In düsteren Farben zeichnet der Film die patriarchale Gesellschaft des frühen Mittelalters. Der Vater ist ein Bösewicht von fast schon comicartiger Eindimensionalität und vom chauvinistischen Lehrer über den machtgierigen Intriganten bis hin zum glatzköpfigen Attentäter ist die Welt in „Die Päpstin" ohne Schattierungen klar in Gut und Böse unterteilt. Aus dem schematischen Setting hebt sich Johanna Wokalek positiv ab. Sie findet den Ton für die sanfte Kraft und den Wissensdrang der Figur, hat jedoch in den allzu geradlinig gehaltenen Dialogen zu wenig Platz, deren Widersprüche und inneren Kämpfe zu entfalten.
Trotz aufwendiger Ausstattung findet Wortmann nie den Weg zum epischen Kinoformat. Die Figurenzeichnung und die visuelle Gestaltung mögen für den heimischen Flatscreen ausreichen, aber auf der Leinwand wird überdeutlich, dass hier wieder einmal die Chance auf großes Kino „made in Germany" verspielt wurde.
Martin Schwickert
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