Im Himmelsspiegel

Melancholische „Passagen“: Videos, Fotografien und Installationen des Münchner Künstlers Christoph Brech in der Villa Stuck
von  Abendzeitung

Melancholische „Passagen“: Videos, Fotografien und Installationen des Münchner Künstlers Christoph Brech in der Villa Stuck

Christoph Brech macht großes Kino ganz ohne menschliche Protagonisten: In seiner Film-Installation „Break“ sind ein Eisbrecher und ein Containerschiff Akteure eines fantastischen Schauspiels im Eismeer. Jetzt präsentiert die Villa Stuck eine unbedingt sehenswerte Einzelausstellung des 1964 geborenen Münchner Foto- und Video-Künstlers.

Für „Break“ filmte Brech 2004 die Passage zweier Schiffe auf dem St.-Lorenz-Strom: Der Eisbrecher macht stoisch den Weg frei für die „Wagenborg“. Ein quasi existenzielles Drama inmitten der dampfenden See, dessen Intensität durch das dumpfe Begleitgeräusch verstärkt wird. Dass es sich dabei um eine stark verlangsamte Passage aus „Rheingold“ handelt, erkennt man nicht.

Das Wasserglas im Bad

Aber das Wagner-würdige Geschehen ist auch so von überwältigender Wucht. Pendant dazu ist „Upstream II“ von 2008: Darin zieht zu Bach-Klängen eine winterkalte Landschaft am Betrachter vorbei, das Schaukeln des Schiffes, von dem aus gefilmt wurde, wiegt ihn in eine meditative Trance. Und im Schau-Raum, der zwischen „Upstream“ und „Break“ liegt, sieht man in „Passage“ ein überdimensionales Wasserglas, dessen Oberfläche die Vibrationen eines Schiffsmotors sichtbar macht. Nicht immer ist die Einbettung der Werke in den Kontext der Villa gelungen, aber hier, im ehemaligen Bad, meint man die Schwingungen selbst zu spüren.

Brechs Bildwelt erinnert, gerade in ihrer Musik-Affinität, an französische Filme: Sie ist leise, langsam und von lyrischer Dichte – und zeigt eine Schönheit, die im Sfumato der Melancholie noch betörender wird. Es gibt viel Nebel, Eis und Wasser. Wenn es doch einmal Frühling wird, kokettiert er mit dem Tod, wie in „Valle“: Darin fängt Brech den Frühling in einem Tal der Albaner Berge ein – von einer bekannten Selbstmörder-Brücke aus. Das ist dann doch zuviel ästhetische Todessehnsucht.

Der Himmel ist blau

Aber der Himmel ist stets nah, darum steht auch „Cielo“ über dem Eingang zur Stuck-Villa. Und in „Punto“ ist der Himmel sogar blau: Er spiegelt sich auf der Heckklappe eines Fiat, während der Fahrt durch Rom, bei der die Palazzi durch die Bewegung surreal verzerrt werden. Und ob Vogelschwarm-Formationen über der Ewigen Stadt oder eine Eule am Petersdom – Brech hält Momente unwirklicher Vollkommenheit am Pupillenrand des Alltäglichen fest.

Roberta De Righi

Bis 24.5., Di – So 11 bis 18 Uhr

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