Ich zeige dir deinen Abgrund

Tatort Volkstheater: Maximilian Brückner inszeniert Ludwig Thomas „Magdalena” und vertauscht dabei frech die Geschlechter
von  Michael Stadler

Maximilian Brückner ist ein Kerl, der gerne Neues wagt. Nachdem er sich im Theater als kraftvoller Darsteller („Brandner Kaspar”) etabliert hat, im abgesetzten Saar-„Tatort” den Kommissar Kappl spielte und regelmäßig im Kino auftaucht (im März in „Was weg is, is weg”), führt er nun erstmals professionell Regie. Ludwig Thomas „Magdalena” inszeniert er frisch aktualisiert fürs Volkstheater, Premiere ist morgen.

AZ: Herr Brückner, Sie haben „Magdalena” vor 10 Jahren schon in Riedering mit Laien aufgeführt. Ist es nun leichter, mit Profis zu arbeiten?

MAXIMILIAN BRÜCKNER: Pah, das ist immer die Frage. Bei Laien sagt man: Ich will das so – und dann wird’s auch gemacht. Bei professionellen Schauspielern muss man darauf achten, dass jeder eine andere Temperatur hat. Hier kommen viele eigene Ideen, das ist auch ein „Wir”. Wir machen das Stück. Dabei muss man seine Linie behalten.

Wieso haben Sie ein Stück von Ludwig Thoma gewählt?

Ich wollte einfach etwas Bayerisches machen, weil es mit mir mehr zu tun hat. Und ich komme auch vom Dorf. Dann hatte ich die Idee, dass ich den Konflikt verstärken wollte.

Indem Sie Magdalena von einem Mann spielen lassen.

Ja, wenn statt der Tochter der Sohn in die Stadt gegangen ist, dann ist der Konflikt noch stärker, dieses Unverständnis vom Vater gegenüber dem Sohn.

Vielleicht macht das heute eher einen Skandal: ein Heimkehrer, der in Frauenkleidern in der Stadt gearbeitet hat…

Ja, genau.

Ist Magdalena damit schwul?

Nein, darum geht’s nicht. Da ist ein Bursche, der hat einen Fehler gemacht und er wird zur Projektionsfläche für alle anderen. Er zeigt ihnen ihre eigenen Abgründe. Das halten die Menschen nicht aus.

Ludwig Thoma hat das Kleingeistige auf dem Land kritisiert. Sie leben selbst weiterhin nahe Riedering, am Simssee. Ist es dort so provinziell?

Es gibt einfach gewisse Tabuthemen, aber das ist in der Stadt nicht anders. Jeder bildet sich in der Stadt sein eigenes kleines Dorf. Und wenn jemand eine andere Hautfarbe hat, eine andere Religion, eine andere Sexualität, dann sorgt das schnell für Reibungen.

Ihr Bruder Florian spielt die Hauptrolle. Kann man es sich als junger Regisseur noch schwerer machen?

Ja, es ist schwierig…na, es ist nicht schwierig. Die Schauspieler, die Bairisch können, sind rar, und dann ist es auch nicht so, dass man jeden kriegt, den man haben will. Und mein Bruder ist ein guter Schauspieler.

Musste er vorsprechen?

Na.

Kurz zum abgesetzten ARD-Saar-„Tatort”, in dem Sie den Kommissar Kappl spielten. Wie groß ist die Wehmut?

Ach, die Wehmut – es geht ja immer weiter. Es ist halt schade, weil wir ein gutes Team waren. Was ich von dieser Zeit mitnehme, ist das Saarland, weil’s einfach schee war, und meinen Kollegen Gregor Weber. Wir sind wirklich gute Freunde geworden.

Jetzt führen Sie Regie an alter Wirkungsstätte, dem Volkstheater – haben Sie sich Tipps von Christian Stückl geholt?

Ach, der Christian begleitet als Intendant immer, und das ist auch gut so. Wenn man fünf, sechs Wochen probt, verliert man den Blick von außen. Den hat Christian total.

Ist er ein ähnlicher Regisseur-Typ wie Sie?

Na, das glaub’ ich nicht. Der Christian ist ein hocherfahrener Regisseur. Vor allem die Wucht, die er hat, die kenne ich bei keinem Zweiten.

Sie sind ruhiger?

Ja, mal so, mal so. Ich suche mich da selber noch. Der Plan war: Ich mach’s so, wie ich mir das denke, und entweder funktioniert’s oder nicht.

Und funktioniert’s?

Ja, es wird scho’.

Premiere morgen im Volkstheater, 19.30 Uhr, evtl. Restkarten an der Abendkasse

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