»Ich kann nicht Gedanken lesen«

Der Münchner Leo Martin studierte Kriminalwissenschaften. Er tritt als Mentalist auf, bietet für Unternehmen Schulungen zum Thema Kommunikation an und war in der Uri-Geller-Show. Im AZ-Interview spricht er über Geller, Tricks und die ProSieben-Show.
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - Der Münchner Leo Martin studierte Kriminalwissenschaften. Er tritt als Mentalist auf, bietet für Unternehmen Schulungen zum Thema Kommunikation an und war in der Uri-Geller-Show. Im AZ-Interview spricht er über Geller, Tricks und die ProSieben-Show.

AZ: Herr Martin, werden Sie trotz ihres Ausscheidens das Uri-Geller-Finale anschauen?

LEO MARTIN: Ja, sogar live im Studio. . .Das sind drei sehr unterschiedliche Finalisten – ich bin sehr gespannt und ich freu mich drauf.

Was ist Uri Geller für Sie?

Aus meiner Sicht ist Uri Geller ein PR-Phänomen. Er hat es geschafft, mit einem verbogenen Löffel dreißig Jahre rund um den Globus für Aufsehen zu sorgen – er hat mit PR Millionen gemacht hat. Geller gibt sich gerne die Aura des Übernatürlichen, auch die ganze Show kommt so rüber. Also mein Style ist das nicht. Die Dinge, die ich tue, sind nicht übernatürlich. Sie sind erklärbar, auch wenn ich das natürlich nicht ständig erkläre.

Sie können nicht die Gedanken von Menschen lesen. . .

Nein, definitiv nicht. Aber stellen Sie sich ein Paar auf einer Bank vor, beide 50 Jahre alt, seit 30 Jahren verheiratet. Eine junge Blondine geht vorbei, er schaut ihr nach, seine Frau schlägt ihm auf den Oberarm. Wir wissen beide, was der Mann gedacht hat und was die Frau. Trotzdem behaupten wir nicht, wir könnten Gedanken lesen.

Ganz konkret: Sie haben Christine Neubauer dazu gebracht, mit der flachen Hand auf einen Becher zu schlagen – angeblich wusste sie nicht, unter welchem der zwei Pappbecher ein dicker Nagel war. Sind gehen ja wohl nicht das Risiko ein, dass sich Frau Neubauer da verletzt. . .

Ich bin nicht wahnsinnig. Manche sagen, der Becher mit dem Nagel war markiert. . . Naja, immer wenn die Erklärung fehlt, heißt es, das war abgesprochen oder ein High-Tech-Trick. Das Becher-Nagel- Experiment kommt in meinen Kommunikations-Seminaren vor. Die Info dazu dauert einen ganzen Tag, weil man daran 35 Kommunikationsund Wahrnehmungstheorien zeigen kann.

Im Internet kursieren schnell „Entlarvungen“. Schadet das Ihrem Job?

Nein. In Internetforen werden wir vermutlich auch von Zauberkünstlern verraten, da tauchen Fachbegriffe der Magie auf.Manchmal sind da gute Ansätze. Mir tut das aber nicht besonders weh. Ich habe nie behauptet, das wäre echt, dadurch ist der Erklärungsdrang bei mir nicht so hoch. Und ich arbeite viel mit psychologischen und kommunikativen Methoden, das können Magier nicht unbedingt alles entschlüsseln – bei mir gibt’s jedenfalls noch Geheimnisse.

Sie haben eine Kandidatin etwas malen lassen und es dann selbst gemalt – Es war ein Haus. Solche Nummern macht auch Zauberer David Copperfield.

Magier und Mentalisten erzeugen beide Illusionen. Der Magier nutzt zu 80 Prozent manuelle Techniken, zu 20 Prozent eine Aufmerksamkeitslenkung. Der Mentalist dreht das Verhältnis um: Das sind dann 80 Prozent psychologischeMittel und ein Rest andere Hilfsmittel.

Oder der Mentalist macht’s genauso wie Copperfield und nennt sich einfach Mentalist statt Zauberer. . .

Ist denkbar, aber kein Muss. Bei dem Beispiel, dass Sie nannten, liegt vieles im grobpsychlogischen Bereich.

Laut Studien malen fast 90 Prozent ein Haus.

Man kann solche Dinge nutzen und man kann Wahrscheinlichkeiten mit psychologischen Spielereien noch steigern.

Es heißt, ProSieben habe den Kandidaten Verträge vorgelegt, laut denen sie sich im Umfeld der Show ebenso übersinnlich geben sollen, wie Geller.

ProSieben hat mir den Entwurf eines Vertrages geschickt und ich habe das so zuschneiden lassen, dass es für mich unterschreibbar war. In meinem Vertrag steht nichts von außerirdischen Fähigkeiten, die ich haben müsste oder von Übernatürlichem. Letztlich geht es um die Show, um gute Unterhaltung.

Interview: Tina Angerer

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