Höhepunkt mit Café und Bossa Nova
Philharmonie: Till Brönner und sein Quartett bieten eine bunte Jazz-Mixtur
Wer zu Till Brönners Konzert gekommen war, um das zu hören, was die Konzertplakate versprochen hatten, „Rio – Eine Hommage an den Bossa Nova", hätte sich den Abend in der Philharmonie eigentlich sparen können. Ganze zwei Nummern am Stück nur widmete der Trompeter und Sänger diesem Genre brasilianischer Musik, das die Welt seit 50 Jahren mit seiner melancholisch gefärbten Leichtigkeit, seinen lässigen Melodien und seinen sich sanft kräuselnden Rhythmen betört.
Schade eigentlich, denn die beiden João-Donato-Nummern, die Brönner und sein Quintett, darunter Dieter Ilg am Kontrabass und Wolfgang Haffner am Schlagzeug, zu Gehör brachten, machten Lust auf mehr. Über „Café com pão" klang Till Brönner so gut wie er als Sänger sonst nie klingt, weil die Bossa Nova das belohnt, was in den meisten anderen Genres als stimmliches Defizit empfunden würde: Säuselstimmentum und der Charme eines nicht ganz akzentfreien Portugiesisch. Als männliche Astrud Gilberto machte sich Till Brönner also ganz gut, ganz im Gegensatz zu seiner Darbietung von Leonard Cohens „In My Secret Life": Der Song kam bei Till Brönner so harmlos glatt rüber, als sei er kurz vor dem Konzert einer zusammen gecasteten Boygroup entsprungen.
Das Chameäleon
Den großen Rest des knapp zweieinhalbstündigen Konzerts bestritt Till Brönner mit einer uneinheitlich bunten Mischung, die so vielleicht nur bei ihm, Deutschlands Jazzchamäleon Nummer 1, zu hören ist: Auf schlaksigen Hard Bop, über den sich Brönner als ein wahrer Kunstflieger unter den Trompetenvirtuosen erweist, folgt Jazz-Rock auf den Spuren des elektrischen Miles Davis.
Und zwischendrin rieselt es immer wieder jenen Smooth-Jazz, der so kalt und kalkuliert oberflächlich im Raum steht, als sei ein schickes, aber nur zum Anschauen gedachtes Designer-Möbel auf einmal Klang geworden.
Claus Lochbihler