Hitlers „Mein Kampf“ soll wieder erscheinen

2015 laufen die Urheberrechte für das umstrittenste Buch der Welt aus. Das Münchner Institut für zeitgeschichte möchte dann eine kommentierte Ausgabe herausbringen - doch der Streit darüber beginnt schon jetzt.
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MÜNCHEN - 2015 laufen die Urheberrechte für das umstrittenste Buch der Welt aus. Das Münchner Institut für zeitgeschichte möchte dann eine kommentierte Ausgabe herausbringen - doch der Streit darüber beginnt schon jetzt.

Für die einen ist es das gefährlichste Buch des 20. Jahrhunderts – für die anderen das hasserfüllte, aber inhaltslose Machwerk eines Größenwahnsinnigen: Schon bald könnten sich Leser wieder selber ein Bild von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ machen, denn erstmals nach 1945 soll das Buch wieder in Deutschland erscheinen.

Das Münchner Institut für Zeitgeschichte (ifz) will Hitlers Propagandamachwerk nach dem Auslaufen der Urheberrechte 2015 als wissenschaftlich kommentierte Ausgabe herausbringen, wie der „Bayerische Rundfunk“ (BR) am Mittwoch berichtete. Bisher ist die Verbreitung in Deutschland verboten, sagte Historikerin Edith Raim vom ifz, die den Bericht bestätigte.

„Wir wollen rechtsradikalen Neupublikationen, die nach Auslaufen der Urheberrecht erscheinen könnten, den Weg verbauen“, erklärte Raim die Pläne. Bisher und bis zum Jahr 2015 hat das Bayerische Finanzministerium die Hand auf der Propagandaschrift, in der Hitler Jahre vor der Machtübernahme 1933 seine Weltanschauung schilderte und bereits viele der Gräuel ankündigte, die später folgten. Die Allierten hatten dem Freistaat nach Kriegsende die Rechte übertragen - und damit auch die Verantwortung, die Wiederverbreitung der Nazi- Schriften zu verhindern, wie eine Ministeriumssprecherin betonte.

Siebzig Jahre nach dem Tod eines Autors allerdings laufen die Urheberrechte aus, das gilt auch für Hitler. 2015 wäre die Verbreitung damit erlaubt. Seit Jahren wird diskutiert, was dann passieren wird: Werden Neo-Nazis die Schrift verbreiten und für ihre Zwecke nutzen? Was kann man dagegen tun?

Das Finanzministerium hält an seiner „restriktiven Haltung“ fest und teilte mit, dass es dem Institut keinerlei Zusagen gemacht habe, eine kommentierte Neuauflage herausbringen zu können. Man werde alles tun, um weiterhin deutliche Signale gegen Nazi- Hetzschriften zu setzen. „Auch nach Auslaufen des Urheberrechts am 31.12.2015 bleibt die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts in Deutschland verboten und ist nach dem Strafgesetzbuch strafbar“, heißt es in einer Stellungnahme. Wie eine Veröffentlichung von „Mein Kampf“ nach 2015 allerdings verhindert werden könnte, ist derzeit unklar.

Wissenschaftler allerdings bringen seit Jahren Argumente für eine Ausgabe von „Mein Kampf“ inklusive fundierter Kommentare an. Erstens müsse vorgesorgt werden, dass die Hassschrift nicht ohne Erklärungen erscheint und damit falsch verstanden oder für Neo-Nazi-Zwecke genutzt werden könnte, meint auch Raim. Zweitens gehöre das Buch zu den zentralen Zeugnissen des Nationalsozialismus und müsse der Wissenschaft leichter zugänglich gemacht werden. Und drittens könnte eine Veröffentlichung den Menschen auch die Angst und Ehrfurcht vor dem Buch nehmen – denn eigentlich sei es in Teilen einfach nur eine stillose Aneinanderreihung von „schwülstigen“ Formulierungen.

Eines ist allerdings ohne Zweifel: Die wissenschaftliche Aufarbeitung des Buchs wird Jahre dauern. „Am Ende wurde es in 12 Millionen Exemplaren verbreitet“, berichtete Raim. Zahlreiche Auflagen existierten, Passagen wurden geändert – alles das müsste in einer Ausgabe erläutert werden. Finanziert wird die Arbeit durch das ifz. Laut BR-Bericht schätzen Experten, das Ganze werde einen niedrigen sechsstelligen Betrag kosten. Raim hofft, dass sich Historiker und Finanzministerium noch einigen können, denn wenn man erst 2015 mit der Aufarbeitung starte, sei das zu spät. „Dann könnten schon andere den Text veröffentlicht haben.“ Im Internet seien ohnehin Passagen zu finden. Außerdem gebe es im Ausland Übersetzungen zu kaufen. Raim: „Wir versuchen, die Edition bis zu dem Tag hinzubekommen, an dem das Urheberrecht ausläuft.“

dpa

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