Hinten, tief in der Türkei
Berlinale: Leo im Kampf mit der Klatschpresse, der Wettbewerb bleibt ernst, und in der Reihe „Kulinarisches Kino“ stellt sich gerade heraus, ob Deutschland eine Bananenrepublik ist
Ein kleiner goldener Ring am Finger von Bar Refaeli hat die Presse kurz hysterisiert. Denn Leonardo DiCaprio war nicht nur zur Weltpremiere von „Shutter Island“ erschienen, sondern mit dem israelischen Model. Und das hatte plötzlich – nach dem Valentinstag – das kleine Schmuckstück am Finger. Jetzt hat Leo dementiert, dass Berlin so sexy ist, dass er in Verlobungsstimmung gekommen sei.
Gegen dieses Klatschgeplänkel geht es im Wettbewerb ernst zu. Der türkische Regisseur Semih Kaplanoglu erzählt in dem Drama „Bal – Honig“ die Geschichte einer Imkerfamilie im ländlichen Anatolien. Als ein Bienensterben einsetzt und die Lebensgrundlage der Familie gefährdet, sucht der Vater im fernen Gebirge einen neuen Ort zum Überleben. Frau und sechsjährigen Sohn lässt er zurück.
In ruhigen, poetischen Bildern erzählt Kaplanoglu in 103 Minuten zum einen von der Abhängigkeit zwischen Natur, Mensch und Familie. Zum anderen gibt er sensibel die Geschichte eines sechsjährigen Jungen wieder, der trotz seines Stotterns in der Schule kein Außenseiter ist. „Musik braucht dieser Film nicht“, erklärte Kaplanoglu: „Allein der Klang der Natur ist etwas, was Gefühle transportieren kann.“ Er habe das harte Leben in dieser Gegend zeigen wollen.
Ausgerechnet Bananen
Noch weiter östlich begab sich der nächste Wettbewerbsbeitrag: „Zeit des Zorns“ ist ein iranischer Thriller von Rafi Pitts. Der Film handelt von einem ehemaligen Häftling, der erfährt, dass seine Frau bei einer Schießerei auf einer Demonstration getötet wurde und seine Tochter vermisst wird. In einem Racheakt erschießt er zwei Polizisten. Beide Filme bekamen von Kritikern und Publikum bei den Premieren viel Applaus.
Jetzt wird in der Nebenreihe „Kulinarisches Kino“ entschieden, ob Deutschland eine Bananen-Republik ist. Der schwedische Dokumentar-Regisseur Fredrik Gertten brachte zur Vorführung von „Bananas!“ einen Rechtsanwalt mit, da er im Dauerprozess mit dem US-Frucht-Konzern Dole liegt. Sein Film zeigt die Folgen des Einsatzes verbotener Pestizide für Bananenpflücker in Nicaragua, die sich jetzt gegen Dole wehren. Es ist ein Kampf David gegen Goliath, der vom Milliardenkonzern endlos in die Länge gezogen wird. Schlagzeilen machte der Film bereits 2009, als Dole verhinderte, dass „Bananas!“ in Los Angeles gezeigt wurde. Daraufhin gab es in Schweden einen Dole-Bananen-Boykott. Ob der Film in Deutschland, dem größten europäischen Markt für Dole-Bananen, gezeigt wird, entscheidet sich gerade. Gertten sucht einen deutschen Verleih.
adp
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