Heubischs Edelbaustelle
Der Kunstminister muss nach Chris Dercons Weggang wichtige Entscheidungen treffen. Neben dem Haus der Kunst braucht auch das Gärtnerplatztheater einen neuen Chef. Und dann ist da noch der Fall "Marstall"
Es ist ein wenig paradox, aber erst seit dieser Woche weiß die Münchner Kunstszene wirklich, wie international bedeutend sie mittlerweile auf dem Sektor der zeitgenössischen Kunst ist.
Nicht nur Toni Schmid vom Kunstministerium wertete Chris Dercons Wechsel vom Haus der Kunst zur Londoner Tate Modern als Ritterschlag für die Stadt. Auch Bernhart Schwenk, leitender Kurator für Gegenwartskunst in der Pinakothek der Moderne, zeigt sich begeistert. „Chris Dercon hat das Haus der Kunst in einzigartiger Weise geführt. Und das hat man auch in London gemerkt.“ Schwenk, der derzeit – wie die weltweite Kunstszene – auf der Art Basel weilt, glaubt aber, dass aus diesem Grund die Suche nach dem neuen Leiter viel leichter fällt. „Das Haus der Kunst hat international einen großartigen Ruf gewonnen. Und wenn wir hier alle Museen zusammen nehmen, ist München doch mit der Tate Modern auf Augenhöhe.“
Dercon wird seine alte Heimat München nicht vergessen
Dercon wird in London auch die große Erweiterung der Tate Modern vorantreiben, aber seine Heimat der letzten acht Jahre nicht vergessen. Im Kunstministrium ist man davon überzeugt, dass die bereits bestehende Kooperation mit der Tate zukünftig ausgeweitet werden könnte. Denn auch von London aus möchte Chris Dercon sein geliebtes München nicht aus den Augen verlierten.
Sein Nachfolger könnte auch wieder aus dem internationalen Museeumsbereich kommen, auch ohne deutsche Sprachkenntnisse. „Wir haben doch ohnehin die meisten Ausstellungseröffnungen auf Englisch“, sagt Toni Schmid und fügt augenzwinkernd hinzu: „Solange nicht alle Künstler Deutsch lernen, um im Haus der Kunst ausgestellt zu werden, muss dies auch nicht der Leiter des Hauses tun.“
Schmid will nichts überstürzen, schließlich wird die Neubesetzung auch eine Art internationaler Gradmesser für die Attraktivität der Stadt als Kuststandort. Vor kurzem sah es noch so aus, als habe der ehemalige Kunstminister Thomas Goppel mit seinen vielen Personalentscheidungen gegen Ende seiner Amtszeit dem Nachfolger keine Arbeit mehr übrig gelassen.
Wer wird Nachfolger von Ulrich Peters?
Und es wird eine wichtige Personalie für Kunstminister Heubisch sein. Seine zweite, schließlich schweigt sich sein Haus bislang auch noch beharrlich zur Nachfolge von Ulrich Peters aus, dessen Vertrag als Intendant des Gärtnerplatztheaters 2011 ausläuft.
Und nach dem Aus für einen Konzertsaal im Marstall wird es Zeit, den unwürdigen Zustand des Gebäudes zu beenden. Der neue Pavillon der Staatsoper könnte die Richtung zu einer variablen Spielstätte für die beiden Staatstheater vorgeben. Die Kulturbaustellen werden Wolfgang Heubisch also keineswegs ausgehen.
AZ