Herz, Hirn und Hände

Prinzregententheater: Herbert Schuch beweist mit einem eigenwilligen Programm, dass er der beste deutsche Pianist seiner Generation und nicht nur ein Techniker ist
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Prinzregententheater: Herbert Schuch beweist mit einem eigenwilligen Programm, dass er der beste deutsche Pianist seiner Generation und nicht nur ein Techniker ist

Die Zeiten ändern sich. Da spielt ein junger Pianist doch wahrhaftig im Konzert eines privaten Veranstalters ein Stück des bitteren Musikbetrieb-Verweigerers Helmut Lachenmann. Ein freundliches Frühwerk zwar, aber immerhin. Alle Besucher im mässig besuchten Prinzregententheater haben es übrigens überlebt.

Es passte perfekt in ein intelligentes Programm: Herbert Schuch verstand die 1956 entstandenen "Variationen über ein Thema von Schubert" als Prolog: Sie versacken nach Virtuosendonner in abgehackt unterbrochene Stille. Ohne Unterbrechung folgten darauf melancholische Walzer des Wiener Romantikers. Herbert Schuch spielte sie elegant und eloquent, immer den Worten Schuberts eingedenk, es gäbe keine lustige Musik.

Der 1979 in Temeschwar geborene Pianist verstand diese Miniaturen als Charakterstücke, denen er wiederum ohne Unterbrechung Robert Schumanns "Carnaval" anschloss. Unprätentiös betonte er den tänzerischen Charakter, ohne die gesangliche Seite zu vernachlässigen.

Kontrollierter Rausch

Ins Zentrum setzte er einen veritablen Lachenmann-Effekt: Herbert Schuch griff in den Klavier-Korpus und zupfte die drei "Sphinxes". Ihre durch den ganzen Zyklus sich ziehenden, aus den klingenden Buchstaben von Schumanns Namen und dem seiner Verlobten abgeleiteten Tonfolgen sind eigentlich nur für die Augen des Pianisten bestimmt.

Beim Marsch der Davidsbündler steigerte sich Schuch in einen kontrollierten Rausch, den er über die Pause in Schumanns Variationen über den Sehnsuchtswalzer und Fryderyk Chopins Dritte Sonate hinüberrettete. Ohne Säuseln, natürlich und unaffektiert betonte er deren klassische Form. Das wilde Finale gelang ihm atemberaubend perfekt.

Herz, Hände und Hirn sind bei diesem Pianisten in einer wunderbaren Balance. Selbst die brillant hingelegte Czerny-Zugabe war dramaturgisch auf das übrige Programm bezogen. Schuch ist fraglos der beste deutsche Pianist seiner Generation und vielen allein wegen ihrer Technik hochgejubelten Talenten musikalisch turmhoch überlegen.

Robert Braunmüller

Herbert Schuchs neue CD "Sehnsuchtswalzer" bei Oehms

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