Heiraten ist ungesund
Elegante Boshaftigkeit mit drei Toten: Noël Cowards „Geisterkomödie“ sorgt mit Volker Lechtenbrink für pures Boulevardvergnügen in der Komödie im Bayerischen Hof
Ein Mann, der zwischen zwei Frauen steht, kann ein extravaganter Spaß werden, wenn sich der britische Boulevard-Altmeister Noël Coward darum gekümmert hat. Im Falle der „Geisterkomödie“ wird die Lage verschärft durch den Umstand, dass eine der Damen seit sieben Jahren tot ist und, durch eine Séance vom Jen- ins Diesseits gelockt, als eifersüchtiges Gespenst ins neue Eheglück platzt.
Die Botschaft der mit drei Toten endenden Komödie lautet: Heiraten schadet Ihrer Gesundheit. Volker Lechtenbrink spielt den Schriftsteller Charles, der den Hokuspokus veranstaltet, um Stoff für einen Roman über esoterische Scharlatanerie zu gewinnen. Wie während der Geisterbeschwörung Lechtenbrinks Gesicht allmählich buchstäblich entgeistert entgleist, wenn Charles merkt, dass das durchgeknallte Medium „eine Professionelle“ ist und tatsächlich Kontakt zu Verstorbenen hat, ist einer der vielen vergnüglichen Momente dieses Abends im Bayerischen Hof.
Das Londoner Westend lebt auf
Die Inszenierung fällt auch sonst durch die Sorgfalt auf, mit der Regisseur Folke Braband den Stil der Londoner Westend-Theaterszene in den 1940er-Jahren, als das Stück entstand, nachbaute. Das fängt bei der Ausstattung an: Thomas Peknys Bühnenbild ist ein Traum an Gediegenheit und noblem Understatement in Weiß, und Elisabeth von Cramm rekonstruierte mit ihren Kostümen und Frisuren sehr genau die Klassenunterschiede, die auf der Insel mehr als anderswo bis heute Bedeutung haben.
Mit souveränem Timing spielen sich die Schauspieler die Bälle eloquenter Boshaftigkeiten im eleganten Plauderton zu – Maria Hartmann als die aktuelle Gattin Ruth, die mit Würde von der Skeptikerin zur Hysterikerin zerbröselt, Ralf Komorr als Arzt und Freund der Familie im sehr witzigen John-Cleese-Look und Jessica Kosmalla als dessen sensationslüstern zickige Ehefrau. Nicola Thomas als Charles verstorbene Frau Elvira ist eine teuflisch verspielte Anarcho-Leiche.
Das Herz des Stücks aber ist Gudrun Gabriel, die als Medium Madame Arcati mit eigenwilliger Schrulligkeit atemberaubend den Grenzbereich zum Klamauk bespielt – eine Grenze, die beim quietschigen Hausmädchen Edith (Tanja Bahmani) eindeutig überschritten wurde. Aber nichts ist perfekt.
Mathias Hejny
Komödie im Bayerischen Hof, bis 9. 1., 20 Uhr, Tel. 29161633
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