Haydn-Spaß mit der „Abschiedssymphonie“
„Concert sauvage“ im Prinze: Das MKO, Dirigent Alexander Liebreich, die Flötistin Sharon Bézaly und etwas zu viele Alphörner
Es gehört zu den Ärgernissen des Musikbetriebs, dass bestimmte Namen in aller Munde sind und andere weniger. Nicht immer liegt das am Können. Den Flötisten Emmanuel Pahud etwa braucht man nicht vorzustellen, dagegen ist Sharon Bézaly hierzulande weniger bekannt. Dabei hat immerhin Sofia Gubaidulina für die aus Israel stammende Musikerin ein Flötenkonzert geschrieben.
So hatte es etwas Gutes, dass Pahud seinen Auftritt beim „Concert sauvage“ des Münchener Kammerorchesters im Prinzregententheater unter Alexander Liebreich absagte: Dafür kam Bézaly. Aus dem Stegreif gestaltete sie das tückische Flötenkonzert op. 22 von André Jolivet. Es wurde eine Sternstunde des Zusammenspiels: Bézaly und das Kammerorchester sprachen eine Sprache.
Die erste Performance der Musikgeschichte
Als Zugabe ließ Bézaly aus dem 3. Satz von Bachs Flöten-Partita Kalevi Ahos „Solo III“ herauswachsen. Davor musste man sich durch einen Wald von Alphörnern schlagen. Ein glückliches Händchen mit diesem Instrument bewies MKO-Geiger Bernhard Jestl, dessen 9. Sinfonie für Alphörner und Orchester uraufgeführt wurde. Sonst aber hätte man sich weniger Alp und mehr MKO gewünscht.
Zum Schluss Haydns „Abschiedssymphonie“, der reichlich Biss und pulsierende Verve abgerungen wurde. Im Finale, in dem die Stimmen zusehends abbrachen, verdrückten sich die Musiker. Haydn hatte sich bei der Uraufführung den Spaß ausgedacht und lange vor Cage die erste Musik-Performance gewagt. Wieder eine Sternstunde: Dieses Orchester braucht keine großen Namen, um sich zu schmücken.
Marco Frei
Haydns „Abschiedssymphonie“ mit dem MKO als CD bei ECM