Harmonie mit Humor

Deutscher Fernsehpreis: Alle erinnern sich an „MRR“, die geehrtenAlfred Biolek und Thomas Gottschalkzitieren den Starkritiker
von  Abendzeitung

Deutscher Fernsehpreis: Alle erinnern sich an „MRR“, die geehrtenAlfred Biolek und Thomas Gottschalkzitieren den Starkritiker

Das große Familientreffen der Branche bei der elften Verleihung des Deutschen Fernsehpreises am Samstagabend im Kölner Coloneum lief diesmal in schönster Harmonie ab: Kein Preisträger-Eklat, kein Laudator, der seine Ansprache zur Generalabrechnung mit dem Medium nutzte. Im Vorjahr hatte Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki (MRR) die Veranstaltung medienwirksam aufgemischt, als er den ihm zugedachten Ehrenpreis brüsk zurückwies und der TV-Landschaft einen gravierenden Mangel an Niveau bescheinigte.

Sein furioser Auftritt war auch am Samstag noch ein vielzitiertes Thema. Thomas Gottschalk wurde nach zehn Jahren zum zweiten Mal für seine Moderation von „Wetten, dass..?“ geehrt. Er hatte 2008 noch selbst den Fernsehpreis moderiert – und dabei witzig den Schaden bei Reich-Ranickis TV-Abrechnung begrenzen können. Da war es naheliegend, für seine Dankesworte in die Rolle des berüchtigten Literaturkritikers zu schlüpfen. „Es hat noch keiner geschafft, ,Wetten, dass..?' kaputt zu moderieren, aber ich verspreche, ich arbeite dran“, sagte Gottschalk.

Eine unabhängige Jury aus Produzenten, Journalisten, Schauspielern und Fernsehschaffenden hatte sich durch rund 1300 Programmstunden gearbeitet, um die besten Leistungen des vergangenen Fernsehjahres zu küren. Und echte Höhepunkte entdeckt wie den Film „Schlaflos“ (Regie: Martin Gies), in dem die preisgekrönte Senta Berger eine aus der Haft entlassene Frau spielt, die ihre Unschuld beweisen will. Oder das mit zwei Preisen ausgezeichnete Drama „Ein halbes Leben“. Der österreichische Kabarettist Josef Hader wurde für seine Rolle als verzweifelter Frauenmörder als bester Schauspieler geehrt und bedankte sich brav beim ZDF für die großzügige Gage.

Loblied auf ZDF-Brender

An kritischen Betrachtungen zur deutschen Fernsehlandschaft mangelte es auch ohne Reich-Ranicki nicht. So warb Regisseur Roland Suso Richter, dessen „Mogadischu“ (ARD) um die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ durch plästinensische Terroristen im Jahr 1977 zum besten Fernsehfilm gekürt wurde, für starke Produzenten und Redakteure als Garanten für Qualitätsfernsehen. „Mogadischu“ erinnere auch an die Menschen, für die das verfilme Ereignis „grausame Wirklichkeit“ gewesen sei, sagte Christian Berkel, der in dem Film über den RAF-Terror Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt spielt.

„Heute-Journal“-Chef Claus Kleber, ausgezeichnet für die Reportage „Die Bombe“, nutzte seine Dankesworte für eine Hymne auf ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender: „Ein Chefredakteur, der so an den Schablonen vorbei denkt, ist Gold wert für das öffentliche rechtliche Fernsehen.“ Der stellvertretende ZDF-Verwaltungsratschef, Hessens Ministerpräsident Roland Koch, hatte sich mehrmals offen für eine Ablösung von Brender ausgesprochen.

Pierre M. Krause vom Comedyformat „TV-Helden“ bedankte sich bei RTL ausdrücklich nicht dafür, dass die ausgezeichnete Sendung bereits nach zwei Ausgaben eingestellt wurde. Krause und die anderen TV-Helden sind inzwischen in der neuen Late-Show von Harald Schmidt untergekommen.

Der Ehrenpreis der Stifter ging in diesem Jahr an den 75-jährigen Alfred Biolek für sein Lebenswerk, und der gab erst mit dem perfekt imitierten rollenden R von MRR bekannt, er werde den Preis annehmen – und meinte dann versöhnlich: „Vieles gefällt mir am heutigen Fernsehen nicht, aber ich stehe zu diesem Medium“.

Erfolgreichster Sender war heuer das ZDF mit zehn Preisen vor der ARD mit acht, Sat.1 mit drei, RTL mit zwei Auszeichnungen und 3sat mit einem Preis. Moderiert wurde die Gala von Bastian Pastewka und Anke Engelke, die dafür in die Rollen der „Volksmusik-Stars“ Wolfgang und Anneliese schlüpften. Vor allem Pastewka machte die durchweg schlichten Pointen lustiger.

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