Haiders Tod oder die Botschaft des Antichristen
Es wäre alles so einfach gewesen: Jörg Haider rast schwer betrunken und nach dem Besuch in einem Schwulen-Lokal in den Tod. Zu einfach für den deutschen Enthüllungsjournalisten Gerhard Wisnewski. Er glaubt an ein Attentat auf den österreichischen Rechtspopulisten.
Ein dreiviertel Jahr nach dem Tod Jörg Haiders sorgt ein Buch in Österreich für Aufregung: "Jörg Haider - Unfall, Mord oder Attentat?" - Was Autor Gerhard Wisnewski im Titel als drei mögliche Gründe andeutet, steht für ihn in Wahrheit längst fest. "Bei diesem Crash handelt es sich um eine Inszenierung", so Wisnewski, der nach achtmonatiger Recherche zum Schluss kommt, dass der Kärntner Landeshauptmann Opfer eines politisch motivierten Attentats wurde.
Quasi als Beleg dafür führt der frühere ARD- und Spiegel-Autor an, dass Haider niemals wie in den Gutachten erwähnt mit 142 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen sein könne. "Wenn man den Anhalteweg zugrunde legt, dann ergibt sich daraus eine maximale Geschwindigkeit von 90 km/h", schreibt Wisnewski. Und auch die schwere Alkoholisierung (offiziell 1,8 Promille) habe es so nicht geben können, weil im Magen der Leiche keinerlei Alkoholreste gefunden worden seien. Und außerdem - drittes Hauptargument - spreche gegen die offizielle Unfallversion, dass die angeblich einzige Zeugin des Dramas in der Nacht zum 11. Oktober 2008 nun plötzlich untergetaucht sei.
Nun muss man kein Anhänger von Verschwörungstheorien sein, um nicht doch das eine oder andere Detail des Haider-Unfalls zu hinterfragen. Warum etwa gab es schon nach nur wenigen Tagen die offizielle Unfallversion der Staatsanwaltschaft? Warum steht das Wrack verbarrikadiert "wie der Eingang zu einem Pharaonengrab" (Wisnweski) in einer Klagenfurter Lagerhalle. Warum passierte der Unfall gerade zu einem Zeitpunkt, an dem Haider wieder ganz oben in der österreichischen Bundespolitik mitmischte?
Aber aus all den tatsächlichen oder scheinbaren Ungereimtheiten gleich das große Ganze ableiten, den Tod als politisches Attentat? - Gerhard Wisnewski macht es dem Leser nicht gerade leicht, daran zu glauben. Insbesondere, wenn er zum Beweis den in Kärnten verbreiteten Okkultismus anführt, etwa das Kennzeichen eines Feuerwehrautos an der Unfallstelle: Die Endung "666" sei ein "Symbol des Antichristen".
Immerhin: In Österreich hat Wisnewski mit seinen Theorien offenbar den Nerv getroffen. Die erste Auflage des Buches von 5000 Exemplaren war sofort vergriffen. Jetzt muss nachgedruckt werden.
Stephan Kabosch
Jörg Haider. Unfall, Mord oder Attentat?
Autor: Gerhard Wisnweski
Verlag: Kopp Verlag e. K. (Juni 2009)
gebunden, 272 Seiten, 19,95 Euro
- Themen:
- ARD