Gut gestraffte Fettfalte des Rock
Zum neuen Album von Meat Loaf, der nach langem Siechtum ein Lebenszeichen sendet
Ist man wirklich darauf gespannt, was Meat Loaf im Jahre 2010 so von sich gibt? Eigentlich nicht, denkt man erst mal. Zu lange hat man mitgelitten mit dem texanischen Bombast-Rocker, nachdem er sich im Paläozoikum der Popgeschichte (Rocky Horry Picture Show, 1975, Bat Out Of Hell, 1977) in den Himmel der Unsterblichkeit geschossen hatte, um dann jahrelang als Parodie seiner selbst schlechte Platten zu machen.
Zu lange schien der Vier-Oktaven-Mann von der Pathologie seiner Leibesfülle erdrückt zu werden, zu lange verschleuderte er sein enormes Gesangstalent in der Vorstadtdisco, indem er sich von Produzenten wie Jim Steinman pompöse Heuler schreiben ließ, die etwas Wagnerianisches haben sollten und doch nur aufgeblasener Las-Vegas-Mist waren. Stets klimperte das weiße Piano ellenlange Ouvertüren, immerzu endete der Vortrag in pseudomaskulinem, pseudoheroischem Getöse.
Gewachsenes Stilbewußtsein
Jetzt ist Meat Loaf 62 Jahre alt, die Haare sind grau und das Stilbewusstsein offenbar partiell gewachsen. Seine neue CD trägt den „explicit content“-Aufkleber wie einen Orden. Sie nennt sich Konzeptalbum, basierend auf einer Kurzgeschichte des Drehbuchautors Kilian Kerwin: Soldat liegt im Sterben, denkt aber nicht zurück an sein Leben, sondern nach vorn, an eine, klar, tolle Frau, und so schafft er es doch, durchzukommen.
Das klingt nicht ermutigend, wie auch der strunzdumme Fantasy-Sexismus, der es leider wieder aufs Cover und ins Booklet geschafft hat. Doch wer tatsächlich noch reinhört, wird teilweise angenehm überrascht: Da hat Jon Bon Jovi als Songautor hörbar professionell gewirkt, Queen-Gitarrist Brian May und Steve-Vai-Gitarrist Steve Vai bringen ihre Persönlichkeiten ein, Green-Day-Produzent Rob Cavallo strafft so manche musikalische Fettfalte.
Sicher, Meat Loaf ist und bleibt ein Heuler, ein Bombast-Mann – aber wenn er gut ist, ist das beste amerikanische Unterhaltung. Und sensationell ist das Duett mit Schauspieler Jack Black – Meat Loaf gleichzeitig auf den Spuren von Beastie Boys, Aerosmith und Johnny Cash. Das eine Stück reicht schon, um dem Meister zum neuen Werk zu gratulieren.
Michael Grill
Meat Loaf: „Hang Cool Teddy Bear“ (Universal/Mercury)
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