Große Männer brauchen große Säle

Die Museumslichtspiele sind Peter Kern zu poplig – er bleibt dem Münchner Filmfest fern
Michael Graeter |
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Mit Mords-Getöse beginnt das 29. Filmfest München (24. Juni – 2. Juli), noch ehe es gestartet ist. Der Kern-Punkt: Regisseur Peter Kern, als „Kay’s-Bistro”-Wirt einer der Protagonisten der Kult-Serie „Kir Royal” und früher in vielen Filmen von Rainer Werner Fassbinder vor der Kamera, schäumt: Für die Weltpremiere seines neuesten Werks „Mörderschwestern” hat man ihm nur ein winziges „Mäusekino” zur Verfügung gestellt, wie er findet.

„Die Museumslichtspiele, vor 80 Zuschauern, mehr gehen da nicht rein – das ist ein Skandal, ein Hohn”, schimpft Kern, ein ehemaliger Wiener Sängerknabe. „Was hat die Festival-Leitung für ein Feingefühl! Eigene Kuratoren dürfen ihre Beiträge im CinemaxX zeigen. Fernsehfilme kriegen durch die Bank eine bessere Plattform und werden in großen Häusern aufgeführt”, redet sich der Regisseur am Telefon in Rage. „Wir haben doch nicht mit 50 Leuten zwei Jahre an dem Projekt gearbeitet, um so etwas zu erleben. Da lohnen sich nicht mal die Plakate. Ich komme definitiv nicht nach München und ziehe den Film zurück. Leider ist die Kopie schon in München. Ich werde sie – notfalls per Anwalt – beschlagnahmen lassen. Eine Welturaufführung en miniature werde ich verhindern”, regt sich Kern weiter auf.

Eine der Hauptrollen spielt Welt-Star Helmut Berger, der nun ebenfalls dem Münchner Festival fernbleibt und gestern nach Ibiza geflogen ist – ein Wermutstropfen, wo doch „König Ludwig II”, den er so bravourös in Luchino Viscontis Meisterwerk darstellte, wegen des runden Jubiläums wieder mal in aller Munde ist. In Kerns Film ist Berger, zurzeit mit dem Film „Blutsfreundschaft” im Kino, der schleierhafte Arzt Dr. Schleyer im Wiener Skandal-Krankenhaus Lainz, wo Krankenschwestern in den 80er Jahren 49 Patienten getötet haben. „Warum wird München immer kleinkarierter?”, fragte er, in bester Laune und erfüllt von dem Vorsatz, auf der Baleareninsel trocken zu bleiben.

Filmfest-Chef Andreas Ströhl, der Deutschlands größtes Sommer-Kino-Festival mit 200 Premieren zum letzten Mal leitet, sagte der AZ zum kernigen Protest, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Verlegung der Aufführung nicht mehr möglich ist. „Die Programme sind gedruckt, da kann man nichts mehr ändern. Auch Martin Scorseses Dokumentarfilm ,Public Speaking’ wird in einem kleinen Haus gezeigt. Ich verstehe die Aufregung von Peter Kern nicht. Die Museumslichtspiele haben digitale Abspielung, die nicht jedes Münchner Kino besitzt”, findet Ströhl.

Peter Kern beruhigt das keinesfalls. Er legte dagegen noch einmal nach: „Das Münchner Filmfest verkommt zu einem Premierenfest für Fernseh-Filmchen. Die Steuerzahler sollten sich fragen, ob sie das wirklich verdient haben”, ärgert er sich. „Mörderschwestern” ist sein 20. Streifen. „Wir wollten unseren modernen, anspruchsvollen Film einem großen Publikum zeigen und eine Neuheit präsentieren: Die Zuschauer können auf den Film ,Mörderschwestern’ persönlich Einfluss am Geschehen nehmen, in dem sie mit ihrem Handy über den nächsten Mord auf der Kino-Leinwand entscheiden.”

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