Gottschalk-Autobiografie: Ein Buch wie eine Show
München - Wenn Thomas Gottschalk (64) spricht, ist das auch heute noch immer etwas Besonderes. Als er beim Radio angefangen habe, habe er "einfach drauflosgeredet". Und das mache er auch in diesem Buch, schreibt er in seiner jetzt erschienen Autobiografie "Herbstblond" (Heyne, 368 Seiten, 19,99 Euro). Die soll sein Dank dafür sein, dass "Sie mich fast vierzig Jahre in Ihr Wohnzimmer gelassen haben".
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Und was bekommt der Leser zum Dank? Einerseits genau das, was man erwartet: offene, unterhaltsame und ehrliche Worte, teils mit großer Klappe vorgetragen. Andererseits lässt ein nachdenklicher Gottschalk die Leser auch an seinen Gedanken teilhaben, im zweiten Teil des Buches beschäftigt er sich mit Themen wie Geld, Familie oder Glauben. Auch wenn Bescheidenheit wahrscheinlich nicht die größte Tugend des Entertainers ist, hinterfragt er doch auch seine Einstellungen und Leistungen kritisch: "Am Vorabend bin ich gescheitert, als Casting-Juror war ich eine Fehlbesetzung. Ich betrachte beides nicht als Katastrophe." Gottschalk zeigt sich in seinem Buch eben, wie wir ihn kennen: als Frohnatur, die es trotz aller aufgezählten Erfolge schafft, nicht arrogant zu wirken.
"Wetten, dass..?"
Einen großen Platz in seiner Autobiografie hat Gottschalk natürlich "Wetten, dass..?" reserviert. Als den "wichtigsten Moment" seiner Karriere, beschreibt er den Tag, als er in ein Münchner Hotel bestellt wurde, wo ihn Frank Elstner "ohne Umschweife" fragte, ob er sich vorstellen könne, die Show zu übernehmen. "Klar", habe er "ebenso schnörkellos" geantwortet, "konnte es aber gleichzeitig nicht fassen", dass er "am Hochaltar der deutschen Fernsehunterhaltung den Festgottesdienst abhalten" sollte.
Und so erzählt er auch zahlreiche Anekdoten aus seiner "Wetten, dass..?"-Zeit: Über den Betrug mit der Buntstiftwette, den er "zwar gemein, aber die Idee extrem komisch" fand, seine extravagante Garderobe ("ich wollte einfach anders sein und aussehen als der Rest") und über die vielen Stars, die er in der Sendung hatte. "Eine Begegnung der dritten Art" seien beispielsweise die Auftritte von Michael Jackson gewesen, "ein groß gewachsenes Kind mit einem piepsigen Stimmchen" und einer Menschenscheu, die Gottschalk bei einem Künstler seiner Größenordnung noch nie erlebt hätte. Auch über den Unfall von Samuel Koch schreibt er natürlich. "Die Tür zum Ausstieg hatte sich plötzlich geöffnet, auf die unglücklichste Art und Weise, die ich mir vorstellen konnte. Ich entschloss mich, sie zu durchschreiten."
Am 18. Mai feiert Gottschalk seinen 65. Geburtstag. Und was bringt die Zukunft? Er habe nicht die Absicht, sich an der Diskussion zu beteiligen, ob er schon durchs Ziel sei oder kurz davor, solange er selbst noch nicht wisse, wo er hinwolle, schreibt Gottschalk. Auf die Grundsatzfrage, ob es für ihn im aktuellen Fernsehen noch einen Platz gebe, antwortet er "in wintergrauen Momenten mit einem klaren Nein. Aber dann sage ich mir selbst: Noch bist du herbstblond".