Goldene Generation
Der Jahrgang 1958 war ein ganz besonderer für die populäre Musik, er brachte vier Legenden hervor. Doch unerreicht von Madonna, Paul Weller und Michael Jackson bleibt Prince, das größte Genie dieser Generation.
Die Zeiten, in denen man lieber sterben als alt werden wollte, sind in der Rockmusik längst vorbei. Schließlich sang Roger Daltrey von The Who diese Kriegserklärung im Alter von 21 Jahren – sah aber keinen Grund, auch vier Jahrzehnte später auf Livekonzerte und Starposen zu verzichten.
Im Vergleich ist das Quartett der Superstars, das heuer die 50 erklimmt, noch relativ jung, und die beste Umschreibung für das scheinbar bedeutungslose Verrinnen der Zeit gelang Paul Weller, dem Noch-immer-Helden der britischen Jugend: „Ein Jahrzehnt geht vorüber, ohne dass man es bemerkt, und dann noch eins und noch eins.“ Seit dem 25. Mai ist das Idol der Mod-Generation, der „Godfather des Britpop“, 50 Jahre alt. Den zornigen Mann verkörpert der Gründer von The Jam und Style Council noch genauso überzeugend, die Frisur hat er (leider) auch nie variiert. Egal: Solange Weller als Referenz in der folgenden Generation anerkannt ist, bleibt er alterslos und unantastbar.
Während Weller erfolgreich das Prinzip Stillstand verkörpert, hat Madonna, die am 16. August 50 wird, ihr Heil in der permanenten Veränderung gesucht und sich dadurch vor dem Bedeutungsverlust retten können. Musikalisch prägend war sie nie, ihr letztes halbwegs relevantes Album „Music“ hat auch schon acht Jahre auf dem Buckel, aber es hat etwas Tragisch-Heroisches, mit welch eiserner Disziplin und Diät sie den Pop-Thron verteidigt. „Sie wird immer physischer, nicht metaphysischer“, urteilte ein britischer Journalist völlig zu Recht. Und da ihr Kampf gegen die Gesetze des Musikmarktes, der Schwerkraft und der Zeit auch für kabbalistisch geschulte Makrobiotiker kräftezehrend ist, hat sich in ihre Mimik dieser ehrgeizzerfressende Mick-Jagger-Zug eingeschlichen. Es bleibt halt ein Vorrecht der Jugend, spurenlos auszusehen – selbst bei zeitweise ausschweifender Lebensführung.
Auf unerhört konsequente Weise hat sich Michael Jackson – Teile seines Körpers werden am 29. August 50 – dem Thema Alter entzogen: Er ist in eine Dimension geflohen, die sich menschlichen Maßstäben entzieht. Rückblickend ist weniger erstaunlich, wie lange er sich in seinem Kinderparadies aus Leihmüttern, Streichelzoo und Kirmes einrichten konnte, sondern wie lange die Musikfachwelt ernsthaft glaubte, der „Thriller“-Hitlieferant könne noch einmal zu alter Größe zurückfinden. Im Sommer ’07, zum 25. Geburtstag des mit 60 Millionen Tonträgern wohl meistverkauften Albums der Welt, erschien eine mit Mixversionen angereicherte Mogelpackung – die Resteverwertung einer Legende, die sich ins Nichts aufgelöst hat.
Namenlos, versklavt und verkauft fühlte sich Prince, der am Samstag 50 wird. Doch das alterslos-virile, musikalisch größte Genie der 58er-Generation schoss zurück, bastelte in seinem Studio an vetrackten Tracks, verschenkte seine Alben per Internet oder als Zeitungsbeigabe und vergaß nie, wie man Größenwahn inszeniert: Seine „Europatournee“ 2007 bestand aus 23 ausverkauften Konzerten in einer riesigen Londoner O2-Arena. Wer Prince sehen wollte, musste zu ihm pilgern.
Volker Isfort
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