Gewaltige Brocken stemmen
Wolfgang Heubisch, der neue Minister für Wissenschaft und Kunst, über seine Pläne und Wunschprojekte
AZ: Herr Heubisch, wann waren Sie zuletzt in der Oper?
WOLFGANG HEUBISCH: Zuletzt war ich Anfang Oktober in „Macbeth“ und darf sagen, dass mich die Eröffnungspremiere der Amtszeit unseres neuen Intendanten doch sehr beeindruckt hat.
Gefällt Ihnen Kusej besser als Alden?
Das tut nichts zur Sache. Erstens halte ich von Rankings im Kunstbereich nicht viel, und zweitens haben beide ihre Vorzüge. Die witzig-ironischen Händel-Inszenierungen David Aldens hatten ihren Reiz. Und auf Martin Kusej als Intendanten des Staatsschauspiels Freude ich mich schon sehr. Seine Arbeiten sorgen immer für Gänsehaut. Auf die Zusammenarbeit unserer beiden Österreicher am Max-Joseph-Platz bin ich sehr gespannt.
Worin besteht kulturpolitisch der deutlichste Kontrast zu Schwarz?
Das parteipolitische Farbenspiel ist im Kulturbereich weit weniger bedeutsam als anderswo. Inhaltlich darf sich die Politik ohnehin nicht einmischen – das gehört zum Grundbestand liberaler Überzeugungen. Mir persönlich sind Gegenwartskunst und Design besondere Anliegen. Bleiben die Personalien: Ich weiß nicht, inwieweit die Verpflichtung von Christian Thielemann Ausfluss sozialdemokratischer Programmatik sein soll oder – auf der anderen Seite – die von Chris Dercon Ergebnis christsozialer Überzeugungen. Letztlich geht es für den Verantwortlichen einfach darum, den Besten, die Beste für eine Aufgabe zu gewinnen. Und um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich schlage vor, wir warten ein paar Monate ab, und dann beantworten Sie diese Frage sicher kompetenter als ich.
Die FDP forderte eine „intensivere Abstimmung zwischen den Theatern bezüglich der Spielplangestaltung“. Gibt es da Defizite?
Ich weiß, daran ist seinerzeit schon August Everding gescheitert, und wir wollen es damit auch nicht übertreiben. Aber bei drei Staatstheatern plus einer Theaterakademie in München wäre es schon schön, wenn zwischen den Häusern auch eine gewisse Kommunikation sichtbar würde. Das soll und kann man nicht erzwingen, aber vielleicht: ermutigen.
Dorn-Nachfolge, Staatsoper, Gärtnerplatz, Bayreuth: Alle wichtigen Personalien hat Thomas Goppel bereits entschieden. Hätten Sie etwas anders gemacht?
Das ist eine sehr theoretische Frage, die ich schon deshalb nicht beantworten kann, weil ich die Details nicht kenne, die zur jeweiligen Entscheidung führten. Thomas Goppel hat diese getroffen, als sie zu entscheiden waren. Und genauso will ich es auch halten. Aber im Großen und Ganzen bin ich schon der Meinung, dass wir personell gut aufgestellt sind.
Wie ist Ihre Position zu Studiengebühren und Eliteförderung?
Ich halte beides für vernünftig. Vielleicht sollten die Hochschulen den Studierenden noch besser verdeutlichen, was mit diesen Geldern geschieht und worauf sie verzichten müssten, wenn die Hochschulen dieses Geld nicht zur Verfügung hätten. Und Eliteförderung halte ich schlicht für unverzichtbar. Es versteht sich von selbst, dass dies nicht auf Kosten der Breitenförderung gehen darf.
Was bedeutet liberale Handschrift in der Kultur?
Kurz gesagt: Sich als Staat nicht überall gschaftlhuberisch einzumischen, aber dort zur Verfügung zu stehen, wo man helfen kann.
Liberal wird oft mit Privatisierung identifiziert. Wollen Sie die staatliche Förderung der Kultur zurückfahren?
Das wäre ein grobes Missverständnis. Man muss das eine tun, ohne das andere zu lassen. Natürlich unterstütze ich jedes private Engagement im Kulturbereich. Andererseits ist mir durchaus bewusst, dass wir hier andere Traditionen haben als etwa die USA. Wenn es in der Bayerischen Verfassung heißt „Bayern ist ein Kulturstaat“, so sehe ich darin auch eine Aufforderung an den Staat, sich um das reiche kulturelle Erbe des Landes zu kümmern. Die private Seite kann und soll dieses Engagement ergänzen, aber nicht ersetzen.
Wie sehen Sie die Zukunft des Marstall-Gebäudes? Bevorzugen Sie einen Konzertsaal oder eine multifunktionale Bühne für Staatsoper und Staatsschauspiel?
Zunächst einmal werden wir prüfen müssen, wie viel Geld wir noch für neue Projekte in der Kasse haben. Ich darf daran erinnern, dass wir mit den Sanierungen des Hauses der Kunst und des Gärtnerplatztheaters in den nächsten Jahren gewaltige Brocken zu stemmen haben.
Kein mit Ihrem Namen verknüpftes Prestige– und Wunschobjekt?
Natürlich hätte auch ich gerne einen Konzertsaal, der dem Rang unserer Spitzenorchester gerecht wird. Hier ist aber auch die Stadt München gefordert. Zu diesem Thema sollten wir uns erst einmal zusammensetzen. Ich muss aber nicht möglichst viele neue Museen und andere Kultureinrichtungen bauen. Vielleicht sollten wir unser Augenmerk verstärkt darauf richten, dass wir die bestehenden Einrichtungen wieder in einen zeitgerechten Zustand versetzen. Das klingt jetzt nicht sehr glamourös, ich halte es aber für wichtig.
Ist Bayerns Kulturminister für Sie das schönste Amt neben dem Papst?
Bitte fragen Sie mich das in fünf Jahren noch einmal.
Wie ist Ihre Position zur Vollendung des Museumskomplexes um die Pinakotheken (Ägyptische Sammlung, Museum Brandhorst, HFF)? Kann die städtebauliche Anbindung an die Stadt verbessert werden?
Sie kann nicht nur, sie muss verbessert werden. Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich die Stadt auf diesem Gebiet Zurückhaltung auferlegt. Das macht mir vor allem deshalb Sorgen, weil ich für die Weiterentwicklung des Pinakothekenviertels die Unterstützung des Landtags brauche. Und das wird durch die Zurückhaltung der Stadt nicht leichter.
Was ist die wichtigste Kulturbaustelle Bayerns?
Kultur ist nicht statisch, sondern ein dynamischer Prozess. Ich Freude mich, dass ich hier in den nächsten fünf Jahren mitgestalten darf.
RBR/vi