Geschickt eingeschädelt

Damien Hirsts jüngster Coup bei Sotheby’s: Die Auktion seiner Werke erzielt Höchstpreise - aber wer weiß, wie weit sich die Markt-Blase noch aufpumpen läßt.
von  Abendzeitung

Damien Hirsts jüngster Coup bei Sotheby’s: Die Auktion seiner Werke erzielt Höchstpreise - aber wer weiß, wie weit sich die Markt-Blase noch aufpumpen läßt.

Wie man mit einem Haufen eingeweckter Tierkadaver nicht nur als einer der wichtigsten Gegenwartskünstler gehandelt, sondern auch noch so steinreich werden kann wie der einstige Young British Artist Damien Hirst (43), das ist schon ein Husarenstück.

Mit Kunst haben die Haie, Zebras, Kühe und Schafe in Formaldehyd erstmal nichts zu tun, höchstens mit der Kunst des Konservierens. Doch leider beherrscht Hirst diese nicht perfekt; sein berühmter Tigerhai fing bereits an zu gammeln und musste ersetzt werden. Das ewige Leben ist, jedenfalls in Formaldehyd, nicht gesichert. Aber kein Anderer spielt so ungeniert und effektvoll mit der Bildsymbolik von Vergänglichkeit und Ewigkeit wie Hirst – unvergänglich sind jedoch nur die immergleichen Motive.

Und Hirsts jüngster Coup ist geglückt: Unter Umgehung der Institution Galerie gab er 220 Arbeiten direkt an Sotheby’s, allesamt 2008 eigens für die Auktion geschaffen – und die weltweite Aufmerksamkeit war ihm sicher. Damit brach er die Regel des Business: Eine ganze Werkserie wurde unter Umgehung der kritischen Zwischeninstanz eines Galeristen oder Kurators ausschließlich für den Markt fabriziert. Doch bereits am ersten Tag der Versteigerung brachten 54 von Hirsts Werken fast 90 Millionen Euro, und damit schon mehr als den Schätzpreis der auf zwei Tage angesetzten gesamten Auktion, der bei 80 Millionen lag.

Alles was er berührt, wird zu Gold

„Goldenes Kalb“ heißt eines der Hauptwerke, ein Stier mit vergoldeten Hufen und Heiligenschein – der 13 Millionen einbrachte. Der Tanz ums Goldene Kalb ist auch Thema der großen Inszenierung, der sich Hirst verschrieben hat. Es geht um Geld und Sensation. Denn er ist eher ein genialer Bühnenbildner für die globale Kunstmarkt-Show, der von seinen Mitarbeitern stets plakativste Requisiten für den immerwährenden Rummel zwischen Basel, Miami, London und New York basteln lässt. Zugleich betätigt er sich als geschickter Strippenzieher, zuletzt 2007 beim mit 8601 Diamanten besetzten Schädel aus Platin, den er für 75 Millionen Euro in der Londoner White Cube Galerie zum Verkauf anbot. Damals drohte die Preis-Blase allerdings zu platzen – später kam heraus, dass dem Konsortium, das schließlich den Totenkopf erwarb, Hirst höchstselbst angehörte.

Zu Gold wurde bisher alles, was Hirst in die Hand nahm, seit er Ende der 80er Jahre am Londoner Goldsmiths College studierte. Schon „Freeze“, seine erste Schau mit Kommilitonen, wurde Kult – und Hirst, dank dem Werbe-Mogul und Kunst-Investor Charles Saatchi, der ihn dort entdeckte, zur Investition, die sich einmal auszahlen sollte.

Die aktuelle Aktion zeigt, wie der Kunstmarkt heute, losgelöst von Inhalt und Qualität, funktioniert. Dass das Ganze ein Flop werden würde, war fast ausgeschlossen. Doch wer weiß, wieviele Auktionslose durch Hirsts Helfer ersteigert worden sind – und wieviel Hirst der Markt in Zukunft noch aushält.

Roberta De Righi

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