Gescheitert am eigenen Anspruch: Udo Zimmermanns Cellokonzert in der musica viva
Bei der musica viva beendete Udo Zimmermann sein langes kompositorisches Schweigen mit einem neuen Cellokonzert.
Selten war ein Programm der musica viva so stimmig. Amerikanisch cooler Minimalismus von Steve Reich und John Adams rahmte die altmeisterlichen Cello-Gefühlsausbrüche von Elliot Carter und Udo Zimmermann. Alle Werke waren auf unmittelbare Verständlichkeit angelegt, was bei der Konzert reihe nicht jeden Abend vorkommt.
Das älteste Stück war auch das radikalste. Steve Reichs auf einen strengen Rhythmus reduzierte „Three Movements“ von 1986 bezwangen durch ihre kompromisslose, vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Kristjan Järvi angemessen distanziert entfaltete Monochromie. In John Adams bunterer „Doktor Atomic Symphony“ (2007) nach der gleichnamigen Oper störte das weinerlich, in seiner Überlänge nur rhetorische Trompetensolo gegen Ende.
Notenschwerstarbeit
Das 2001 vom damals 91-jährigen Elliot Carter komponierte Cellokonzert ist fast ein Repertoirestück geworden. Es verlangt kaum moderne Spieltechniken, sondern ist imponierende Notenschwerstarbeit wie das gute alten Virtuosenstück. Das Orchester kommentiert die Monologe des Solisten mürrisch und abweisend, nur das Schlagzeug rafft sich zu einem kurzem Dialog auf.
Der Cellist Jan Vogler triumphierte und rang auch aus Udo Zimmermanns „Liedern für eine Insel“ die maximale Wirkung ab. Der künstlerische Leiter der musica viva wählte Lyrik-Heiligtümer von Hölderlin, Heine und Bachmann zum Vorwurf und scheiterte tragisch am eigenen Anspruch.
Hart am Kitsch
Er verbarg sich hinter fremden Masken, instrumentierte ein Lied aus Schumanns „Dichterliebe“ und überschritt in Kanon-Satz die Grenze zum religösen Kitsch. Nach zwölf Jahren kompositorischem Schweigen hatte Zimmermann nur wenig zu sagen.
Robert Braunmüller